WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Nicht, dass man in diesen Tagen um Gelegenheiten zu feiern verlegen wäre. Die Berliner Festspiele möchten uns gern trotzdem noch einen vorweihnachtlichen Feiertag ans Herz legen, der sich eigentlich fast kontraproduktiv zum allgegenwärtigen Fest der Liebe verhält: den 19. Dezember nämlich, an dem der französische Kult- und Skandalautor Jean Genet siebenundneunzig Jahre alt geworden wäre. Heute und morgen gastiert eine Inszenierung von Genets höhnischem Antikolonialismusstück „Les Paravents“ des französischen Regisseurs Fréderic Fisbach in Berlin, wo „Die Wände“ 1961 übrigens uraufgeführt wurde. Die Franzosen wagten sich erst fünf Jahre später an Genets Abrechnung mit der französischen Kolonialherrschaft in Algerien. Fisbach hat das ebenso ausufernde wie drastische Werk stark eingedampft und stilisiert. Die fast hundert Rollen wurden auf drei Schauspieler und vier Spielmeister des Marionettentheaters Youkiza aus Tokio verteilt. Zwecks besseren Heranzoomens der kunstvollen Puppen werden im Theater sogar Operngläser verliehen!
Im HAU ist in dieser Woche noch mal Florian Lutz’ und Janka Voigts erstaunliches Singspiel „Strangers“ zu sehen, das die berühmtesten Ausländer der Operngeschichte, nämlich Otello, den Mohr von Venedig, die minderjährige Geisha Butterfly, den Krüppel Rigoletto, die Zigeunerin Carmen und den türkischen Haremswächter Osmin im Warteraum einer Behörde aufeinandertreffen lässt.
Das Theater an der Parkaue zeigt Jewgeni Schwarz’ aufgeklärtes Weihnachtsmärchen „Die Schneekönigin“ nach Andersen, das ja auch ein Gleichnis über die Verhärtung des Herzens durch die Macht des Geldes ist, und hat zu diesem Zweck seine Schauspieler in Schlittschuhen auf die vereiste Bühne gestellt. Ja mei, und dann is auch scho Weihnachten. „Les Paravents“: 18. und 19. 12., Haus der Berliner Festspiele „Strangers“: 18., 20. und 21. 12., HAU 1 „Die Schneekönigin“: Di.–So., Theater an der Parkaue