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WLAN-Pläne des Senats vor dem AusDer Senat geht vom Netz

Die Pläne für ein flächendeckendes Internet per Funk in der City stehen vor dem Aus. Weder gibt es einen Betreiber noch eine Idee, wie die Infrastruktur aufgebaut werden kann.

Drahtloses Internet in der Stadt bleibt ein Traum Bild: reuters

Das drahtlose Internet für die gesamte Innenstadt kommt nicht voran: Die Verhandlungen zwischen den Senatsverwaltungen für Wirtschaft und für Stadtentwicklung haben noch keine Lösung gebracht, wo die dafür benötigten Antennen aufgebaut werden könnten. "Das Ergebnis ist, dass der überwiegende Bestand der Lampen nicht zur Verfügung steht", heißt es in der Antwort der Wirtschaftsverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Andreas Statzkowski. Ein privater Anbieter hatte sich Hoffnungen gemacht, die Infrastruktur für den Internetzugang auf Ampeln und Laternen innerhalb des S-Bahn-Ringes aufbauen zu können.

Ein flächendeckendes Internet über Funk wäre laut der Wirtschaftsverwaltung von Senator Harald Wolf (Linke) "insbesondere für die medienaffine junge Bevölkerung sowie für Touristen wünschenswert". Der Onlinezugang könnte dafür genutzt werden, um zusätzliche Informationen über den eigenen Standort und zu nahen Sehenswürdigkeiten oder Restaurants abzufragen. Viele Internetnutzer schätzen es auch, von überall aus Mails abzurufen, Musik online zu hören oder mit Freunden zu chatten.

Da die Antennen nur wenige hundert Meter weit funken (siehe Kasten), müssten sehr viele Standorte in der Stadt damit bestückt werden. Ein Pilotprojekt dazu verlief erfolgreich. Im Juni 2009 hatte Wolf im Abgeordnetenhaus gesagt, es gehe "um ein Vorhaben, das gleich in den Echtbetrieb gehen soll, weil die technische Machbarkeit in einzelnen Studien bereits nachgewiesen ist". Unter anderem hatte sich gezeigt, dass die Funkstrahlen keinen Einfluss auf die Ampelsteuerung haben. Zum Zeitplan sagte Wolf: "Ich hoffe, dass es bald so weit ist, weil wir im Moment in der letzten Abstimmung sind."

In einer Ausschreibung sollte nach einem Anbieter gesucht werden, der das Netz aufbaut und den Betrieb übernimmt. Die Firma Airdata hatte sich dazu zunächst bereit erklärt. Viele Details waren aber noch ungeklärt. So hatte Airdata einen kostenlosen Zugang versprochen - aber nie gesagt, wie man die Investitionen finanzieren wolle.

Nun ist klar: Etwa die Hälfte der Lampenmasten kann nicht verwendet werden. Dabei handelt es sich entweder um Gaslampen ohne Stromanschluss oder um "stadtbildprägende Lampen", die nach Ansicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durch den Anbau einer Antenne verschandelt würden. Gerade an Orten, wo sich Touristen tummeln, könnten viele Gebiete nicht versorgt werden. Auch die Ampeln in der Stadt und viele Lampen in Ostberlin sind ungeeignet: Der Betreiber müsste eine geeignete Stromversorgung selbst schaffen.

Der CDU-Chef Frank Henkel kritisiert, der "törichte Umgang mit diesem Projekt" sei "ein Spiegelbild des schlechten Verwaltens dieser Stadt durch Rot-Rot: Regiert wird bekanntlich schon lange nicht mehr." Die Stadt verzichte "erneut auf einen wichtigen Standortvorteil - für die Berliner, die Unternehmen und auch die Touristen".

Der Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller fordert, dass der Senat Einrichtungen zur Verfügung stellt, damit Privatleute und Initiativen wie die Freifunker dort Internetantennen installieren: "So kann man ein dezentrales Netz aufzubauen, was nicht in einer Hand eines Anbieters liegt."

Kommende Woche soll das Thema in der Sitzung des Senats behandelt werden, so ein Sprecher der Wirtschaftsverwaltung.

CDU-CHEF FRANK HENKEL

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4 Kommentare

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  • RL
    Ralf Linke

    Bereits jetzt gibt es zahlreiche Informations- und Kommunikationsangebote und einige Dienstleistungen, die nur per Internet wahrgenomen wwerden können.

     

    Durch die Gesellschaft zieht sich ein digitaler Graben, der nur mit einem kostenlosen Internetzugang überall und für alle beseitigt werden kann.

     

    Gerade junge Menschen aus armen Familien darf man nicht ausschließen oder in die Arme der Mobil-Abzocker treiben, sondern muss ihnen mit kostenlosen Angeboten helfend zur Seite stehen.

     

    Das Argument, es gäbe bereits für jedermann zugängliche Überall-Internet-Angebote erledigt sich, wenn man sich vor Augen führt, dass das einzige UMTS-Angebot mit ausreichendem Datenvolumen (1 GB pro Tag) € 75 im Monat kostet.

     

    Solange nicht jede Schule, jedes Jugendzentrum und jede andere öffentliche Einrichtung einen kostenlosen Internetzugang per WLAN bietet, bleiben im Wesentlichen die Macdonalds-Filialen als kostenlose Internet-Inseln für junge Menschen.

     

    Soll das so sein?

  • H
    hedwig

    Freifunk ausbauen ganz klar...

  • HP
    Hans Peter Vögtli

    Ist eh ein grenzwertiges Projekt. Die Strahlungsbelastung durch mobile-funk ist schon hoch genug.

  • TD
    tyler durden

    Wie oft muss man das denn noch ergänzen?

    Es GIBT in teilen von Berlin ein bestehendes freies WLAN-Netz, das allerdings sicher noch ausbaufähig ist. Das Projekt nennt sich freifunk.net und wird komplett unkommerziell von Berlinern organisiert.

    Wenn die störrische Stadt sich dazu überreden lassen könnte Geld für Strom und ggf größere Antennen zur Verfügung zu stellen, wäre ein Berliner Stadtnetz durchaus möglich. Insbesondere Dächer von Behörden wären auch eine möglichkeit für Standorte. Übrigens könnte man sich so einen erneuten PublicPrivetePullshit-Flop sparen.