piwik no script img

■ WIE VERHEXTNeue satanische Verse?

Ansbach (epd) — Weil „die kleine Hexe“ aus Otfried Preußlers bekanntem Kinderbuch eine gute Hexe ist, ist sie für manche eine schlechte Hexe. Eine christliche Elterninitiative im mittelfränkischen Lehrberg bei Ansbach jedenfalls möchte die beliebte Kindergeschichte für immer aus dem Regal des örtlichen Kindergartens verbannen, da die Kinder durch die Geschichte von einer „guten“ Hexe anfällig für okkulte Praktiken werden könnten. Wie im Buch, wo sich die kleine Hexe vor dem Hexenrat wegen ihrer guten Taten zu verantworten hat, so wird ihr jetzt auch im richtigen Leben ihre Berufsauffassung zum Verhängnis. Der Berufsschullehrer Karl Lehr fürchtet, daß durch die „positive Darstellung“ bei Otfried Preußler eine Hexe zur Identifikationsfigur für Kinder wird. Dadurch würden Zauberei und okkulte Praktiken verharmlost. Karl Lehr: „Vom christlichen Weltbild aus kann eine Hexe nie etwas Gutes sein.“ Kinderbuchautor Preußler bedauerte mittlerweile im Gespräch mit der Evangelischen Funkagentur den Streit um seine kleine Hexe. Die gegen Die kleine Hexe vorgebrachten Argumente bezeichnete er als „harte und abergläubische Interpretation“. Er selbst habe das Buch vor mehr als dreißig Jahren geschrieben, um Kindern die Angst vor bösen Märchenhexen zu nehmen, so Preußler. Deshalb könne er mit dem Vorwurf, er verharmlose satanische Kräfte, ganz gut leben. Auf die Auseinandersetzung um die kleine Hexe reagierte eine Ansbacher Buchhandlung blitzschnell. Sie schaltete in der örtlichen Tageszeitung eine Anzeige mit dem Text: „Lehrberger Hexenjagd auf die Satanischen Verse von Otfried Preußler. Wir führen sie: Die kleine Hexe.“ Die Buchhandlung läßt zudem den Raben Abraxas in einer Sprechblase die kleine Hexe fragen: „Meinst Du, jetzt gibt es uns bald nur noch unter dem Ladentisch?“ Das Buch Die kleine Hexe erschien erstmals 1957. Es hat mittlerweile eine Millionenauflage erreicht, wurde weltweit in 24 Sprachen übersetzt und mit großem Erfolg verfilmt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen