WIE SIND WIR DENN DRAUF? : Burgernahe Küche
Erst kamen die Studentenkneipen, und jetzt, da die Gentrifizierung in Neukölln gen Süden vorrückt, kommen auch sie: die Burger-Läden. „Schillerburger“ heißt der neue in meiner Nachbarschaft. Hungrige schieben sich hier Fleischtürme in weit aufgesperrte Münder, knabbern am selbst gebackenen Brötchen, lecken sich das Fett von den Fingern.
Und nicht nur hier: Der Trend zum Brätling ist überall. Von rund 150 Burger-Läden im Stadtgebiet gehen Kenner inzwischen aus, längst finden sich die Läden auch außerhalb des Stadtzentrums. Und fast keiner hat Scheu noch vor dem abgründigsten Namenswitz: Staatsburger, Burgeramt, Burgersteig. Schon kreativer: „To beef or not to beef“ oder BBI – Berlin Burger International.
Statt auf pappige Fastfoodklumpen setzen die auf Öko: Neuland-Hack oder Veggie-Pad. Dazu nur Käse und Salat reicht längst nicht mehr. Gerne dürfen es Cranberrys sein, sautierte Pfifferlinge, Meerrettichschleier, Erdbeerpüree und Preiselbeermayo. Das alles auch vegan oder mit gebratener Gänsestopfleber. Auch wenn des Burgers Kern (Hack!) da auf der Strecke bleibt: Die Dinger gehen weg wie warme Semmeln.
Warum liebt Berlin den Brätling? Nachfrage bei einem der Pioniere, Frank Bornemann. Der schlanke Anfangvierziger und Exvegetarier eröffnete seinen „Frittiersalon“ in Friedrichshain schon vor neun Jahren. Erst nur mit Pommes und Currywurst. Dann wollten die Leute vor allem eines: Burger. Und die gibt’s inzwischen auch bei Bornemann, mit Ökofleisch, die Mayo selbst gerührt, die Pommes eigenhändig geschnitzt.
Zehn Burger-Läden zählt Bornemann heute allein in seiner Nachbarschaft. Mit Fastfood habe das nichts mehr zu tun: „Die Leute kommen, weil sie eine Mahlzeit wollen, nicht was für Zwischendrin auf die Hand.“ Kindergeburtstage und Hochzeiten beliefere er mit seinen reich belegten Brötchen. Die, so Bornemann, bedienten das Bedürfnis nach Qualität und Transparenz: Der Burger lege stets offen, was in ihm steckt.
Tatsächlich vereint der Trend zum Qualitätsbrätling alle Gegensätze dieser Stadt. Herzhaft und sättigend, aber bitte irgendwie gesund. Heimische Bulette, aber international erweiterbar (Köfte- oder Chicken-Teriyaki-Burger). Schnell verzehrbar, aber ohne Fastfoodverdacht. Überschaubar im Preis, und trotzdem mit Retrohipness.
Und die alten Schnellimbisse? An denen rauscht der Trend vorbei. Der McDonald’s an der Frankfurter Allee musste vor Kurzem erst schließen – gleich um die Ecke von Bornemanns Frittiersalon. KONRAD LITSCHKO