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Archiv-Artikel

WIE DER BAYERISCHE BUNDESVERKEHRSMINISTER MAL WIEDER NICHT MIT SCHIMPF UND SCHANDE AUS DER STADT GEJAGT WURDE Vollgas über den Fuß

JOSEF WINKLER

Diese Maschine wird jetzt über deinen Fuß gefahren“, kündigt meine Tochter großspurig an, aber bevor das passiert, muss ich noch meine Kolumne fertig schreiben. Nicht, dass ich die mit dem Fuß schreiben würde, aber ein gewisses ganzheitliches Wohlbefinden ist doch vonnöten, wenn da was herauskommen soll.

Aber ach, das Wohlbefinden. Das ist eh schon hin, sobald man am Sonntagvormittag den BR andreht. Da hört man dann vom Gäubodenfest in Straubing, das jetzt wieder losgegangen ist – ooohhh, aaahhh, das Gäubodenfest!, das zweitgrößte Volksfest Bayerns!, um das seit ein paar Jahren schätzungsweise qua CSU-Geheimdekret ein riesen Mediengewese gemacht werden muss, damit sich die Niederbayern nicht allerweil so abgehängt und minderwertig fühlen, wenn einmal im Jahr nach Kräften darauf hingewiesen wird, dass sie fei nicht nur Gewerbegebiete, eine zu Tode flurbereinigte Ex-Landschaft und Biogasmaisfelder haben, sondern auch ein gaaanz großes Volksfest, das viiiel gemütlicher und uriger ist wie das Münchner Oktoberfest, weil hier die 0,7-Liter-Maß Bier nicht abgehobene zehn Euro kostet wie in der dekadenten Landeshauptstadt mit ihrem Schickimicki, sondern urig-gemütliche, handgezwirbelte, mundgezuzelte, auf dem von ehrlicher Bauernhand mit Nitrat verseuchten Gäuboden hergewachsene „moderate“ 8,40 Euro, und weil – da natürlich kein Schwein nach Straubing fährt, das nicht unbedingt muss – hier der Bayer mit der authentischen Lebensart noch ungestört von japanischen Saupreißn und sonstigem Volksfesttouristengschwerl, das ja nur zu uns kommt, um Bier zu saufen, blöd daherzureden und alles vollzuspeiben und keine Ahnung nicht hat von unseren bayerischen Gebräuchen, quasi unter sich sein Bier saufen, blöd daherreden und alles vollspeiben kann.

Genau, und diese glorreiche Veranstaltung wird jedes Jahr eröffnet von einem Politiker einer Partei nach Wahl – Hauptsache: CSU –, dieses Jahr von Alexander Dobrindt. Sie wissen schon, das ist dieser gallertige Typ mit der Klugheitssimulationshornbrille und dem unbegründeten Selbstbewusstsein, wo man zwar in der Theorie weiß, wie es passieren konnte, dass der Bundesminister wird, aber es doch keinem vernünftigen und mit Anstand behafteten Bürger plausibel machen kann.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

Dienstag

Jacinta Nandi

Die gute Ausländerin

Mittwoch

Matthias Lohre

Konservativ

Donnerstag

Margarete Stokowski

Luft und Liebe

Freitag

Meike Laaff

Nullen und Einsen

Montag

Anja Maier

Zumutung

Und natürlich hat das vollbesetzte Gäubodeneröffnungsbierzelt den Dobrindt dann nicht mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt und ihn in die begradigte Donau geschmissen – was doch mal eine fetzige Exklusivschlagzeile für Straubing gewesen wäre –, sondern mutmaßlich enthusiastisch applaudiert, als er mal wieder sein „Festhalten an der Ausländermaut bekräftigte“, sprich: Diese Maschine wird jetzt über euren Fuß gefahren! Der Unterschied zwischen meiner Vierjährigen und Alexander Dobrindt & der CSU: Mit Elisabeth kann man vernünftig reden. Ihre Maschine ist dann nicht über meinen Fuß gefahren worden. Die Ausländermaut aber, so schallt’s vom Gäuboden, kommt „auf jeden Fall“. Genau wie das Betreuungsgeld. Bundesrepublik, vergib uns unsere Schuld.