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Archiv-Artikel

WEINKAMPAGNE Die Guten kommen in die Box

VON MICHAEL PÖPPL

Wein aus dem Karton? Das klingt nach Discounter und lässt Weinkenner gerne das Gesicht verziehen. Doch es kommt eben darauf an, was man darin abfüllt. „Einfach guter Wein“ ist das Motto der Weinkampagne, die seit knapp zwei Jahren Bag-in-the-Box-Weine übers Internet vertreibt. „Ich wollte auch für mich einen echten Hauswein, so einen, den man immer gerne auf Vorrat dahat.“ Die Berliner Projektgründerin Nina Vollmann hatte Ende 2011 die Idee, dass man Qualitätsweine durchaus auch in anderen Verpackungsformen als in der handelsüblichen Flasche verkaufen könnte.

Die Idee für den „Wein aus dem Schlauch in der Schachtel“ sieht simpel aus: außen schlichte Pappe, innen ein lichtdichter Kunststoffsack mit einem kleinen Hahn dran. Das kluge Zapfsystem der Box lässt keinen Sauerstoff nach innen dringen, das verhindert die Oxydation. Luft respektive Sauerstoff braucht der Wein zwar, um zu gären und im Fass Aromen zu entfalten. Doch in der offenen Flasche kippt der Wein schon nach wenigen Tagen, das Problem kennt jeder Weinliebhaber, der schon mal schweren Herzens eine gute Flasche wegschütten musste. Aus der Box aber kann man den angebrochenen Wein bis zu 30 Tage auch in kleinen Mengen genießen.

Fünf verschiedene Tropfen der mittleren Preislage sind auf der Website zu finden. Sie stammen alle aus traditionell handwerklich und ökologisch produzierenden Betrieben. So zum Beispiel der Pfälzer „Schnepfenpflug“, ein angenehm mineralischer Weißburgunder mit Limettenaromen. Wie auch der klassische „Schnepfenpflug“ Riesling der Weinkampagne stammt er von Jochen und Martina Wick aus dem Zellertal, die sich schon lange dem ökologischen Weinbau widmen. Nicht nur ökologisch, auch ökonomisch lohnt sich der Kauf der Drei-Liter-Box (16,80 Euro). Der angenommene Preis für eine klassische 0,75 Liter-Flasche, die Versandkosten von 6,90 Euro schon mitgerechnet, läge immer noch unter 6 Euro. Ebenfalls in der Pfalz befindet sich das Weingut Klosterhof, das zwar noch nicht biozertifiziert ist, sich aber gerade in der behutsamen Übergangsphase zum ökologischen Weinbau befindet. Von dort kommt der fantastische Müller-Thurgau des Winzers Stefan Schwedthelm: ein würzig-intensiver Tropfen, den der vielfach ausgezeichnete Jungwinzer zu einem Klassewein ausgebaut hat, und mit ebenfalls 16,80 Euro für die Box ein Schnäppchen, das hervorragend zu asiatischem Essen oder zu Käse passt.

Auch das italienische Bioweingut Tenuta Maiano gehört zum Sortiment der Weinkampagne. Der toskanatypische Sangiovese erfährt besondere Aufmerksamkeit: Er wird von Hand verlesen und extra schonend gepresst. Das Ergebnis kann sich sehen und riechen lassen: Rubinrot fließt der Wein aus der Box ins Glas, nach wenigen Minuten an der Luft entwickelt sich intensives Beerenaroma, feines Tannin, voller Körper und ein angenehm fruchtiger Abgang sorgen für einen intensiven Geschmack.

Übrigens: Die Ähnlichkeiten des Projekts mit der viel bekannteren Teekampagne, die schon seit Mitte der 1980er Jahre biologisch-fairen Darjeeling in Berliner Läden und im Internet vertreibt, sind absolut gewollt. Deren Mitbegründer Günter Faltin unterstützte Nina Vollmanns Idee von Anfang an. Denn neben dem Genuss hat sich das Projekt vor allem der Nachhaltigkeit verschrieben. Nicht nur, dass die Weine von ausgesuchten, naturnah produzierenden Winzern kommen, auch Verpackung und Vertrieb der Weine sind umweltfreundlicher als in der handelsüblichen Flasche. „Es fallen bei der Box weniger Abfälle an, im Vergleich zu Glas sind es circa 85 Prozent Ersparnis“, sagt Vollmann, „der CO2-Ausstoß der alternativen Verpackung ist zu 55 Prozent geringer als der, der bei der Produktion von Flaschen anfällt.“ Die bessere Ökobilanz hängt auch von den Versand- und Lagerbedingungen ab: Die viereckigen Boxen sind einfach besser zu stapeln und dazu erheblich leichter als Glasflaschen.

Einziger Nachteil des Systems: Durch die Beschränkung auf ausgesuchte Winzer sind einige Weine manchmal vergriffen. Die Jahrgänge für 2014 sind bereits verkostet. Man kann Vorbestellungsoptionen im Internet zeichnen – vielleicht gleich einen Jahresvorrat. Die Box ist locker bis zu neun Monate lagerbar. Ab 60 Euro Bestellwert fällt dazu die Versandgebühr weg.

www.weinkampagne.de