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Archiv-Artikel

WEINHANDLUNG SUFF Das Kreuzberger Lebensgefühl

VON MICHAEL PÖPPL

Es gibt Institutionen in Kreuzberg, ohne die der Kiez rund um den Heinrichplatz kaum noch denkbar wäre. Eine davon ist, neben den zahlreichen Kneipen, von denen sie auch viele beliefert, die Weinhandlung Suff. Wer im alten Postbezirk SO 36 wohnt oder arbeitet, war bestimmt auch schon mal da. Seit 1989 gibt es den Laden mit dem freundlichen Team, alle Mitarbeiter sind laut Eigenwerbung passionierte Weintrinker, beste Grundvoraussetzung für kompetente Beratung. Die Einrichtung ist schlicht, ein großer Stehtisch fürs Verkosten, jede Menge Madonnenfiguren und -bilder, typische Kreuzberger Ironie und eine Liebeserklärung an mediterranes Lebensgefühl. In den Regalen und Kisten findet man rund 500 verschiedene Weine, viele davon in der Literflasche für Preise um die fünf Euro. Das gehört ebenso zum Konzept wie die zwei Hausweine mit eigenem Etikett, ein weißer rheinhessischer Chardonnay und ein roter Cuvée aus Zweigelt und Blaufränkisch von Markowitsch.

Geschäftsführer Christian Schoßau hat Biologie studiert, „Schwerpunkt Naturschutz“, wie er auf der abnehmbaren „Trainerbank“ an der Oranienstraße erzählt. 2007 kam er aus Marburg, wo er in einem Bioladenkollektiv das Weinsortiment betreut hatte. Wenn er anfängt, von „seinen Winzern“ aus Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich oder Spanien zu erzählen, gerät er ins Schwärmen. Regelmäßig besuche man die Lieferanten selbst, im Juni gehe sogar das ganze Team auf „Betriebsausflug“, um fünf österreichische Weingüter zu besuchen: „Wir sind immer auf der Suche nach spannenden Winzern und Weinen.“ Der direkte Austausch mit den Erzeugern sei für die Kunden wichtig, so finden immer wieder Verkostungen mit den Winzern persönlich statt. Vor allem am Stand in der Markthalle Neun in der nahe gelegenen Eisenbahnstraße, die Winzer freuten sich sehr über das Interesse. Verständlich, sagt der Weinhändler, er selbst kaufe ja auch lieber bei einem netten Winzer als bei einem, der ihm unsympathisch sei.

Im Moment hat Schoßau zwei Lieblingswinzer, die er auch den taz-Lesern ans Herz legen möchte: Die Bio-Winzerin Matilde Poggi vom Weingut Le Fraghe im Veneto, deren „Camporengo“ aus Garganega-Trauben ihn besonders begeistert. „Ein leiser eleganter Wein“, sagt Christian Schoßau und lächelt. Das zeigt sich auch beim Verkosten: Der trockene Weiße riecht zwar fruchtig nach Apfel und Pfirsich, bleibt aber beim Trinken wunderbar zurückhaltend mit feinen Mineralien, einem Hauch von frisch gemähter Bergwiese und anregenden „Pfefferl“, wie die Österreicher gern sagen. Von dort kommt auch der Rotwein, den Schoßau empfiehlt: „Conchita“ heißt die Sonderedition mit der bärtigen Dame auf dem schön-kitschigen Etikett. Die Hommage der Groszer-Wein-Winzer aus dem Südburgenland an die österreichische ESC-Siegerin Conchita Wurst ist ein politisches Statement der Winzer von „Groszer Wein“. Und ein „Küvee“ aus Zweigelt und Blaufränkisch, der den Geschmackstest mit Bravour besteht: Samtig aber mit Biss, duftende dunkle Beerennoten harmonieren mit Tannin und einem selbstbewussten Biss, der einfach Spaß macht.

Weinhandlung Suff, Oranienstr. 200, Tel. (0 30) 614 21 48, www.suffberlin.de Angebot für taz-Leser: Bei Kauf einer Kiste mit 12 Flaschen Camporengo von Le Fraghe 2012 (0,75 Liter, 8,50 Euro) oder einer 12er-Kiste „Conchita Küvee“ 2012 von Groszer Wein (1 Liter, 13,90 Euro) gibt’s je eine Flasche gratis dazu