WAS MACHT EIGENTLICH DIE BVG? : … den Lack selbst zahlen
Der Berliner Kurier lieferte gestern mal wieder eine Horrorstory, wie sie seine Leser lieben: Arme Kleinfamilie wird von öffentlichen Monsterbetrieb verklagt, nur weil der Sohn das Glück hatte, nicht von einer Tram zerquetscht zu werden. Die hatte ihn vor vier Jahren angefahren und über zehn Meter mitgeschleift. Damals kam er mit ein paar blauen Flecken davon.
Heute aber soll die Mutter über 1.000 Euro für den entstandenen Lackschaden und den Arbeitsausfall des völlig traumatisierten Fahrers zahlen. Dem Unfallopfer oder Verursacher, je nach Lesart, drohe jetzt sogar ein Offenbarungseid – und das mit fünfzehn Jahren! Kein Wunder, dass man die BVG der eiskalten Bürokratie und des blindwütigen Beamtentums bezichtigen könnte oder kann. Aber dem ist nicht unbedingt so.
Auf jeden Fall haben die Berliner Verkehrsbetriebe jetzt Besserung gelobt. „Da sieht man wieder, dass wir ein öffentlicher Betrieb sind, der bürokratisch handelt. Wir müssen in Zukunft einfach menschlicher werden“, meinte die BVG-Pressesprecherin Petra Reetz gestern zur taz. „Da hat einer stur nach Tabelle gerechnet, ohne sich zu fragen, welches Schicksal dahinter steckt. Ich könnte den Jungen nur schütteln und mich freuen, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“ Natürlich sei die Forderung zurückgezogen worden. Das Ganze sei ein bedauerlicher Unfall mit noch bedauerlicheren Folgen meinte die Pressesprecherin.
Aber auch an der Kurier-Geschichte ist sozusagen der Lack ab. Die Forderung an die Mutter des Jungen, über 300 Euro für den entstandenen Lackschaden zu bezahlen, wollte die BVG nicht bestätigen. Immerhin gab ihre Pressesprecherin zu, dass die öffentlichen Verkehrsbetriebe ohne den Boulevardartikel wahrscheinlich nicht auf den Fehler im Getriebe aufmerksam geworden wären. LUC FOTO: ARCHIV