WAS MACHT EIGENTLICH ... die SPD? : Hartz-IV-Empfänger verpassen
Eigentlich war das Vorhaben als „Praktikum in den Berliner Jobcentern“ geplant. „Die Abgeordneten wollen sich am Ort ein Bild von der Situation der Erwerbslosen und ihrer Familienangehörigen sowie von der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen“, hatte die Pressestelle der SPD-Fraktion angekündigt. Etwas vollmundig, wie sich herausstellen sollte. Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer, und Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin, liefen am Dienstagmorgen im Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf jedenfalls durch weitgehend leere Flure und Warteräume. „Heute ist Schließtag im Leistungsbereich. Wir haben Rückstände, die wir aufarbeiten müssen“, erklärte eine Jobcenter-Vertreterin.
Der Kontakt zu Hartz-IV-Empfängern blieb deshalb aus. Nicht aber das Gespräch mit den Mitarbeitern: Anders als die Arbeitslosen mussten Gaebler und Radziwill keine Wartenummer ziehen, sondern wurden sogleich empfangen. Ob er wisse, wie so ein Hartz-IV-Antrag aussehe, fragte eine Teamleiterin im Eingangsbereich Christian Gaebler. Der studierte Verkehrsplaner und Restaurantbetreiber verneinte und blätterte erstaunt die vielen Seiten mit Kästchen, Fragen und Erläuterungen durch.
Viele Papiere landen vor dem Sozialgericht, es wird überschwemmt von Klagen gegen die Jobcenter. Der Geschäftsführer in Charlottenburg-Wilmersdorf, Johannes Langguth, verteidigte seine Behörde. 100.000 Bescheide würden pro Jahr erteilt. „Eine gewisse Fehlerhäufigkeit ist da normal.“ Das liege an der komplizierten Gesetzeslage. Und auch der Personalwechsel trage zu Fehlern bei. Lediglich die Hälfte der 400 Mitarbeiter habe bereits vor zwei Jahren im Jobcenter gearbeitet, schätzt seine Stellvertreterin.
Die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist hoch. Auch die SPDler verließen das Gebäude schon bald wieder. Nur viele der Arbeitslosen kommen immer wieder. ALL FOTO: AP