…WAS MACHT EIGENTLICH ... der Reichstag? : Greifbar werden
Für Blinde war die Besichtigung des Reichstags bisher eine eher unergiebige Angelegenheit. Sie hatten ja nichts von dem Blick hinunter in den Plenarsaal, noch von dem auf die Stadt. Jetzt sollen auch sie sich ein besseres Bild des Regierungsviertels machen können. Denn Architekturstudenten der Technischen Universität haben ein Modell des Reichstags im Maßstab 1:100 nachgebaut. Von kommender Woche an können Besucher das Parlament vor Ort ertasten. Politik wird sozusagen greifbar. Auch das Bundeskanzleramt, das Holocaust-Mahnmal und die Spree lassen sich auf einem Relief erfühlen.
Das Reichstags-Modell besteht aus mehr als 1.000 Einzelteilen, hat eine Kantenlänge von 1,50 Meter und gibt den Gründerzeitbau im Detail wieder. Schade nur, dass man es nicht wie ein Puppenhaus aufklappen kann. Wäre doch lustig, wenn man nicht nur die Fassade, sondern auch die Politiker im Plenarsaal an ihren Formen erkennen könnte. Andererseits: Will man die Westerwelles, Kauders und Petra Paus tatsächlich von oben bis unten befingern? Okay, lassen wir das.
Der Minireichstag war ja auch so schon Arbeit genug: An dem Modell, ein Auftrag des Ältestestenrats des Bundestags, haben mehr als 200 Studenten zweieinhalb Jahre lang getüftelt. Der Blinden- und Sehbehindertenverband unterstützte sie dabei. Die Studenten sollen ihr Werk immer wieder mit verbundenen Augen geprüft haben. Am kommenden Dienstag wird das Modell präsentiert und ist dann dauerhaft auf der Besucherebene des Reichtags zu sehen – und zu ertasten. ALL FOTO: REUTERS