WARUM ICH MEINE KOLUMNE VERLOR UND WIE ICH SIE WIEDER ZURÜCKGEWINNEN WILL : It’s not you, it’s me
JACINTA NANDI
So, sie haben dich bei der taz gefeuert?“, fragt mich mein Lesebühnenkollege Jens. „Warum das denn? Was hast du gemacht? Du musst es mir sagen. Natürlich habe ich deine Kolumne nie gelesen. Aber sag mir, was du gemacht hast. Hast du ‚Ficken‘ oder ‚Fotze‘ geschrieben?“
Ich seufze. „Ich habe nie ‚Ficken‘ oder ‚Fotze‘ geschrieben!“, sage ich. „Ich würde so was nie in einer Tageszeitung schreiben. Das ist unhöflich. Außerdem weiß ich gar nicht, ob das Wort ‚Fotze‘ mit einem F oder einem V buchstabiert wird.“ – „Hast du geschrieben, dass alle Deutschen Nazis sind? Ich hätte dir sagen können, dass die bei der taz so was nicht mögen.“ – „Nein! Ich habe nicht geschrieben, dass alle Deutschen Nazis sind! Ich habe überhaupt nicht über Nazis geschrieben oder so.“
„Hast du geschrieben, dass alle die taz-Leser voll die Öko-Spießer-Spasten sind?“ – „Nein!“, sage ich. „Spast ist behindertenfeindlich, und ich bin selbst eine Öko-Spießerin. Ich habe immer total nette Sachen über Schottland und Frühstück in Neukölln und so’ne Sachen geschrieben. Außerdem bin ich gar nicht gefeuert worden. Sie denken nur, dass meine Kolumne auserzählt ist.“ Jens fängt an, mich herablassend auszulachen. „Was?“, frage ich. – Er sagt, auf Englisch: „Oh, Jacinta, it’s not you, it’s me!“
„Na ja“, sage ich. „Vielleicht geben sie mir noch eine Kolumne, wenn ich ab jetzt sehr brav bin und richtig gute Kolumnen schreibe? Einfach mit einem anderen Titel? Statt ‚Die gute Ausländerin‘ dann ‚Die beste Ausländerin‘. Wäre das nicht geil?“
Jens macht eine Grimasse. „Ich glaube eher nicht, dass das passieren wird“, sagt er. „Du kannst dir das abschminken. Nein, jetzt ist es egal, was du so schreibst. Du sollst eine Kolumne drüber schreiben, was für selbstzufriedene Öko-Spießer-Spasten die ganzen taz-Leser sind.“ Ich gucke Jens an. Er hat nicht wirklich so gute Kolumne-Ideen, denke ich. Ich würde den Leuten bei der taz nicht vorschlagen, zum Beispiel, dass Jens meinen Kolumnenplatz kriegen soll.
Mittwoch
Matthias Lohre
Konservativ
Donnerstag
Margarete Stokowski
Luft und Liebe
Freitag
Jürn Kruse
Fernsehen
Montag
Barbara Dribbusch
Später
Dienstag
Besser
Deniz Yücel
„Jens“, sage ich. „Erstens ist Spast voll eine behindertenfeindliche Beleidigung und ich benutze nie behindertenfeindliche Begriffe. Zweitens ist die Umwelt voll wichtig, und wenn wir alle ertrinken in der Sintflut, dann wirst du dir wünschen, dass ein paar mehr Leute Öko-Spießer gewesen sind. Das wird das Letzte sein, was du denken wirst, bevor du ertrinkst. Und drittens waren alle die taz-Leser, die mich angeschrieben haben, voll nett.“ – „Echt? Haben sie dich angeschrieben? Was haben sie gesagt so?“ – „Also, eine hat gesagt, ich benutze zu oft das Wort ‚voll‘, und ein Typ hat mir vorgeworfen, ich hätte Lügen erzählt über meinen Lattenrost, aber er war voll nett und so, und neulich hat einer mich gefragt, ob ich ihn heiraten will.“ – „Echt, jetzt?“ – „Ja, und dann fragte ich, ob er mir nicht ein Bild von seinem Penis zuschicken könnte, und dann hat er nicht mehr geantwortet. Ich meine, man kann nicht heiraten, wenn man die Genitalien von dem zukünftigen Ehepartner noch nicht gesehen hat. Wir sind nicht im 17. Jahrhundert!“
„Schade irgendwie“, sagt Jens. „Nicht dass ich das gelesen habe.“ – „Was?“ – „Ist schade, dass du gefeuert worden bist, ne.“ – „Na ja“, sage ich. „Irgendwie schon.“