Vorstoß in einigen Bundesländern: Kommunen wollen Tagesmütter halten
Tagesmütter zahlen ab 2009 Steuern und Sozialabgaben. Einige Kommunen bieten nun als Ausgleich mehr Lohn.
BERLIN taz | Ab Januar 2009 müssen alle Tagesmütter und -väter in Deutschland Steuern und Sozialabgaben zahlen. Damit sie dennoch nicht den Beruf aufgeben, denken einige Kommunen jetzt um: Sie bieten mehr Gehalt und anteilige Kostenübernahmen.
Die Neuregelung für Tagesmütter soll eigentlich eine Gleichstellung sein: Bisher mussten nur private Tagesmütter die Abgaben zahlen - nicht aber diejenigen, die bei den Kommunen angestellt sind.
Rund 33.000 Tagesmütter müssen künftig ihr Einkommen versteuern und Sozialabgaben leisten. Nur wenn sie unter 355 Euro pro Monat verdienen, können verheiratete Tagespflegepersonen beim Ehepartner mitversichert bleiben. Auch soll sie eine vorgesehene steuerfreie Betriebskostenpauschale in Höhe von 300 Euro pro Monat und Kind entlasten.
Die Tagesmütter rechnen dennoch mit massiven finanziellen Einbußen. Schon seit Monaten protestierten lokale Bündnisse und der Bundesverband für für Kindertagespflege gegen die Neuregelung: Tagesmütter verdienen ohnehin im Schnitt nur drei Euro netto pro Kind und Stunde. Der Bundesverband für Kindertagespflege hat vorgerechnet, dass ihr Einkommen bis zu 49 Prozent sinken könnte.
Kurz vor Weihnachten reagieren einige Ländern und Kommunen auf die Proteste. Das Land Berlin etwa hat angekündigt, acht Millionen Euro pro Jahr für Sachkostenpauschalen und Zuschüsse zur Verfügung zu stellen, damit die rund 1.300 Berliner Tagesmütter ihren Job nicht aufgeben. Zudem werde sich die Bezahlung künftig an vergleichbaren Berufsgruppen orientieren, betonte Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD) in der vergangenen Woche. Auch Bremen plant eine Änderung der Bezahlung von Tagesmüttern. Die Rentenversicherung wird anteilig bezahlt, die Unfallversicherung komplett übernommen. Ebenso soll sich das Entgelt auf 58 Prozent des Gehalts einer Kinderpflegerin erhöhen. In München steht ebenfalls eine Besserstellung an: Hier sollen die Stundenlöhne verdoppelt werden.
Für Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist das noch nicht genug. Sie fordert auch die übrigen Länder und Kommunen auf nachzuziehen. "Die Kommunen brauchen gut qualifizierte Tagesmütter und sollten auch deshalb überlegen, die Gehälter zu erhöhen", sagte von der Leyen der Welt am Sonntag. Für die Ministerin steht der Ausbau der Kinderbetreuung bis zum Jahr 2013 auf dem Spiel: Ein Drittel der geplanten 750.000 Betreuungsplätze soll durch Tagesmütter abgedeckt werden - sogar ein kürzlich begonnenes Aktionsprogramm soll mehr Tagesmütter in den Beruf locken.
Derzeit werden laut Statistischem Bundesamt rund 86.000 Kinder von Tagespflegepersonen betreut, das sind rund 18 Prozent mehr als 2007. Vor allem ihre flexiblen Arbeitszeiten, aber auch kleine Betreuungsgruppen gelten bei Eltern als Vorteil gegenüber den Kitas - auch wenn sie keine mehrjährige Ausbildung wie Erzieher und Erzieherinnen haben. Der Anteil der Tagesväter liegt bei knapp zwei Prozent.
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