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Vorschrift in FrankreichAlkoholtester im Handschuhfach

Autos, die auf Frankreichs Straßen rollen, müssen künftig einen „Etylotest“ dabei haben. So sollen Autofahrer animiert werden, sich zu testen, bevor sie starten. Der ADAC findet's halbherzig.

Dass das Land der hohen Alkoholkultur findet mit diesen „Etylotests“ zur lebensrettenden Vernunft. Oder versucht es zumindest. Bild: dpa

PARIS dapd | Frankreich-Urlauber müssen unter Umständen ihr Reisegepäck aufstocken: Ab dem 1. Juli sind Autofahrer im Nachbarland verpflichtet, einen Alkoholtest bei sich zu führen. Die chemischen Schnelltests sollen jeden dazu animieren, nach ein paar Gläsern Wein, Bier oder Likör die eigene Fahrtüchtigkeit zu überprüfen.

Vorgeschrieben ist der Test selbst wiederum nicht: Bei einer Straßenkontrolle muss lediglich das vorhandene Gerät vorgezeigt werden. Auch die drohende Strafe ist bislang noch gering. Elf Euro müssen Kraftfahrer bei einer Kontrolle bezahlen, sollten sie den „Ethylotest“ nicht dabei haben.

Allerdings könnte es für deutsche Urlauber schwierig werden, den Alkoholtest noch rechtzeitig vor den Sommerferien zu besorgen. Die ein Euro teuren, stiftgroßen Geräte sollen dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) zufolge hierzulande erst ab dem Spätsommer erhältlich sein. Aber hinter der Grenze sollten Urlauber die auf Französisch „Etylotest“ genannten Röhrchen an jeder Tankstelle kaufen können.

Pusteröhrchen ungenauer als professionelle Geräte

Frankreich zieht mit seiner neuen Regel die Notbremse: Seit Jahren steigt im Land des Weins und Champagners die Zahl der Unfälle, die von betrunkenen Fahrern verursacht werden. Jeder dritte Verkehrstote ist auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen. In Deutschland ist es nur jeder zehnte. Selbst in England, berühmt für seine ausschweifenden Bierpartys, wird nur jedes fünfte Unfallopfer durch zu hohen Alkoholkonsum verursacht. Dabei sind die Promillegrenzen gleich hoch. In Frankreich dürfen Fahrer ebenso wie in Deutschland 0,5 Promille im Blut aufweisen.

Das Pusteröhrchen reagiert allerdings weniger empfindlich auf Alkohol als die professionellen Geräte der Polizei: Schon bei einem angezeigten Promillewert von 0,25 sollte das Auto stehen gelassen werden. Für einen 80 Kilo schweren Mann sind das etwa 0,8 Liter Bier, für eine 65 Kilo schwere Frau nur 0,5 Liter Bier.

Eine Überschreitung dieser Grenze kann im Nachbarland teuer werden: Bei einem Promillegehalt zwischen 0,5 und 0,8 werden nach Angaben der französischen Behörden bis zu 750 Euro fällig. Ist der Wert noch höher, drohen eine Geldstrafe von bis zu 4.500 Euro und auch eine Bewährungsstrafe.

Angetrunken Fahren ist noch nicht verpönt

Frankreich hat in den vergangenen Jahren die Strafen stetig angehoben. Tatsächlich kann jeder Tourist schnell erfahren, wie unbedacht das benachbarte Volk mit Alkohol am Steuer umgeht. In Frankreich ist es weniger verpönt als in Deutschland, nach ein paar Gläsern Wein noch ins Auto zu steigen. Die Pariser Regierung versucht deshalb, mit schockierenden Bildern von Unfallopfern, von zerquetschten Autos und blutenden Fußgängern die Franzosen zu sensibilisieren. Bislang vergeblich. Seit zehn Jahren hat Frankreich die europaweit höchste Unfallrate durch alkoholisierte Fahrer.

Besonders drastisch trifft es die junge Generation: Bei mehr als 40 Prozent der Unfälle von kleinen Motorrollern bis 50 Kubikzentimeter sind die Fahrer alkoholisiert. Ausgerechnet diese Fahrzeuggruppe wurde aber von der Vorschrift befreit.

Der ADAC ist skeptisch

Viele Organisationen kritisieren deshalb die Halbherzigkeit des Gesetzes. „Mehr als 80 Prozent aller Unfälle passieren Fahrern mit mehr als 1,2 Promille im Blut. Sie wissen auch ohne den Test, dass sie zu viel getrunken haben“, sagt beispielsweise Chantal Perrichon von der Liga gegen die Verkehrsgefahr (LCVR). Für sie handelt es sich um eine winzige Maßnahme, die das Hauptproblem, nämlich die Akzeptanz des Alkoholkonsums, nicht attackiere.

Auch der ADAC ist skeptisch. „Es bleibt abzuwarten, ob die Mitführpflicht in Frankreich tatsächlich die Zahl der Verkehrsopfer senkt“, schreibt der Autoclub in einer Mitteilung. Für Deutschland sieht der Interessenverband keine Notwendigkeit. „Jeder Kraftfahrer sollte selbst einschätzen können, ob er noch fahrtüchtig ist."

Die französische Straßensicherheitsbehörde geht allerdings davon aus, dass allein das Röhrchen im Handschuhfach die Autofahrer verantwortungsvoller handeln lässt. „Der Test ist eine dauernde Mahnung, nicht alkoholisiert zu fahren“, sagt Frédéric Péchenard von der Pariser Behörde. Auch könnten Mitfahrer im Auto auf einem Test des Fahrers bestehen und ihn oder sie gegebenenfalls vom Steuer fernhalten. In einem Jahr wird die Pariser Regierung bewerten, ob der obligatorische Alkoholtest die Straßen Frankreichs tatsächlich sicherer gemacht hat.

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8 Kommentare

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  • G
    gehtsnoch?

    So richtig durchdacht ist das wohl nicht...

     

    Gesetzt den Fall, ich handhabe den Test so, wie die frz. Straßenverkehrsbehörde es sich am Konferenztisch so gedacht hat:

     

    Ich trinke ein paar Gläser, teste mich, stelle fest, dass ich stolzen und erhobenen Hauptes noch Fahrzeugführen kann ... werde dann angehalten und habe keinen jungfräulichen Test mehr dabei, wofür man mir der Gendarm dann ein Bußgeld verpasst...

     

    Schonmal drüber nachgedacht, liebe Froschverzehrer? ;-)

  • S
    sigibold

    Wie schön, dass es nicht nur in Deutschland bescheuerte Gesetze gibt.

  • V
    verdummnun

    das beste wäre ihr bleibt alle zu hause und laßt

    die finger von der tastatur...kauft euch ein paar tütchen und blast euch gegenseitig was vor...

    ladet euch dazu ruhug franzosen ein.

    da könnt ihr dann rum krümeln...

  • A
    asterix

    bezahlt wird nur bei trunkenheitsbeweis...

    staatliche nötigungen und derartige handlungen

    sind rechtswidrig..! solche idioten sind in der eu..!

    hier fehlt das plausibilitätsprinzip und die unschuldsvermutung.

    rechtswidrig.kriminelle staatidioten.

    misstraue der idylle..sie ist meist angereichert mit

    bekloppten...habgierigen und zwangsneurotikern..

    sehr schlechtes zeichen der nachwahlzeit.

    diese blödsinnigen die freiheit ist weiß franzosen.

    die spinnen ,sind reif fürs hinkelsteinwurfauffangen.

  • A
    autonomix

    wieder so ein fall von zentralisierter beklopptheit.

    eine weitere staatliche nötigung ,kein weg zu liberte. die grande nation und ihr reglement.

    oh die französischen betrunkenheit...

    man kann also darf man idiotie des französischen wichtigkeitsapparates.

    logisch folgerichtig wäre, die flicks machen ihre arbeit ganz normal weiter wie alle anderen polizisten in europa auch.

    hat der veranstalter dieses happenings staatlicher

    unzulänglichkeit einen provisionsvertrag mit

    den tütchenherstellern.kann sich dieser französische staat nicht mal normal verhalten.?

    ich trinke kein alkohol.jetzt soll ich schon mal die handschellen für autodiebe mitbringen wenn ich nach frankreich will..weil man gern touristenautos knackt..als franzose..? soll das ne finanzielle eurostabilisierung werden?? ist der französische staat zahlungsunfähig,das wir ihm jetzt die tütchen für seine gelagweilten flicks bezahlen??

    die spinnen die verwaltungsfranzosen..!!!

  • W
    wauz

    Es gibt genau einen Nutzen

     

    Ein Mitfahrer (z.b. Freundin, Ehefrau) kann vor Fahrtantritt auf dem Nachweis bestehen, dass der hoch und heilig schwörende Fahrer wirklich "nur ein Bierchen" intus hat. Dazu, und nur dazu, ist das Gerät gut.

    So gesehen, wäre das auch für Deutschland denkbar.

     

    Wirklichen Nutzen, außer höherer Kontrolldichte zu kritischen Zeiten, brächte eine Rasterfahndung nach Regelverweigerern. 7 - 13 % aller Fahrer sind nämlich nicht bereit, den Regeln der Straßenverkehrsordnung zu folgen, auch oft im Zusammenhang mit Suchtproblemen. Diese Leute zu erkennen, per MPU auszufiltern und mit einem kompletten (ja, auch Fahrräder!) Fahrverbot zu belegen, brächte einen echten Fortschritt bei der Verkehrssicherheit.

    Dazu müsste man aber nicht nur die üblichen "punkteverdächtigen" Verkehrsverstöße auswerten, sondern alle, also auch Park-Knöllchen und kleine Verwarnungen. Cluster-Auswertungen, wie man sie auch von Spamfiltern her kennt, könnten bei entsprechendem Datenbestand in Kürze eine Schar von Verdachtspersonen ausfindig machen, die dann eben händisch (MPU) überprüft werden.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Besser wäre es, das Autofahren ganz zu verbieten.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • O
    Outsider

    Halbherzig

    Die Vorschrift, ein Teströhrchen mit sich zu führen, ist tatsächlich halbherzig. Denn in Frankreich sind systematische Alkoholkontrollen immer noch deutlich seltener als etwa in Deutschland. Solange man in keinen Unfall verwickelt wird oder keine rote Ampeln überfährt, ist das Risiko einer Alkoholokontrolle extrem gering.