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■ Nachgeborene, Hineingeborene und geborene Dichter

Manche Menschen kommen auf die Welt, andere wurden, so hieß das in den Achtzigern, „in die DDR hineingeboren“. Daß sein Gedichttitel „Hineingeboren“ zur gefühligen Vereinnahmung benutzt wurde, ist Uwe Kolbe nicht vorzuwerfen. Der damals 23jährige ließ es 1980 an Deutlichkeit nicht fehlen: „Kleines grünes Land enges, / Stacheldrahtlandschaft.“ Ein faktisches Publikationsverbot folgte, dann 1988 die Ausreise in die BRD. Heute ist „hineingeboren“ zur Generationsbezeichnung für junge Schriftsteller der ehemaligen DDR heruntergekommen. Immerhin, wer kann von sich behaupten, seine Altersgruppe auf den Begriff gebracht zu haben?

Nur einer, glaubt man der Literaturkritik: der 1960 geborene Ulrich Woelk. „Freigang“, Woeks 1990 mit dem Aspekte-Literatur-Preis ausgezeichnetes Debüt, wurde als „Roman seiner Generation“ gelobt. Viel eher bewegt sich das klug konstruierte Buch (ein Psychiatrieinsasse schreibt seine Erinnerungen auf) wohl in den altehrwürdigen Bahnen von Max Frisch. Das im letzten Herbst erschienene „Rückspiel“ mußte dann gleich ein „Schicksalsroman“ derselben Generation sein, auch wenn sich die Endgültigkeit des Fatums ein wenig mit der Sportmetapher des Titels beißt...

Uwe Kolbe und Ulrich Woelk lesen heute abend im Bertolt- Brecht-Haus, Kerstin Hensel wird sie in ihrer ambitiösen Veranstaltungsreihe „Von den Nachgeborenen... Junge deutsche Literatur im Gespräch“ befragen. Ob sich beide unter dem epigonenhaft klingenden Titel wohlfühlen? Kerstin Hensel möchte in den insgesamt 13 Veranstaltungen mit 26 Schriftstellern (bis zum 22. März immer dienstags, donnerstags und samstags um 20 Uhr) nicht nur „Widerspruch zu feuilletonistischen Totsagungstheorie der Literatur“ üben. Die Autoren aus Ost und West (darunter Ulrich Treichel, Birgit Vanderbeke, Jens Sparschuh, Zehra Çirak, Bert Papenfuß-Gorek) sollen auch miteinander ins Gespräch kommen – wohl stellvertretend für die Nation.

Das ist ein bißchen viel des Gutgemeinten. So fremd sind sich die jungen Schriftsteller nämlich gar nicht. Manchmal steht nur die ungeübte Moderatorin Hensel zwischen ihnen, die ihre Gäste einzeln abfragt – das Verfahren ist bekannt aus Literaturzeitschriften. Spannend wird es, wenn die Autoren dennoch miteinander ins Gespräch kommen. Die bisherigen Abende lassen hoffen: Nach müdem Anfang mit Katja Lange-Müller und Michael Wildenhain spielten sich Wilhelm Bartsch und Dirk von Petersdorf am Samstag gutgelaunt und launig einige Bälle zu. Gute Aussichten also für ein „Rückspiel“ gegen einen „Hineingeborenen“ mit „Heimvorteil“. Jörg Plath

Uwe Kolbe und Ulrich Woelk im Bertolt-Brecht-Haus, 20 Uhr.

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