■ Vorschlag: Fotokrieger: „Colonel, Maler der Justiz“ in der Brotfabrik
Wäre diese Welt eine bessere, wenn alle Militärs Blauhelme trügen? Der Blauhelm macht den Soldaten weithin sichtbar und zu einem leichten Ziel, weswegen er als Symbol der Friedenssicherung gilt. Denn im militärischen Konfliktfall wie auch im zivilen Leben gilt nur der Mann in Tarnung (sei es in der gefleckten Kampfuniform oder im grauen Geschäftsanzug) als Kombattant, mit dem man seine Händel ausfechten darf. In der Galerie der Brotfabrik hat nun der französische Fotograf Thierry Geoffroy in seiner Rolle als Medienkritiker „Colonel“ alle Soldaten, denen er im Bild habhaft werden konnte, zu Nichtkombattanten gemacht. Als „Maler der Justiz“ riß er zwischen dem 10. Juni und dem 10. Juli aus namhaften deutschen Tageszeitungen, also der taz, der FAZ und lokalen Blättern wie dem Tagesspiegel alle Fotos aus, auf denen Uniformen zu sehen waren und die es ihm erlaubten, Mützen und Helme mit blauer Tusche zu markieren. Sein Freund, der Bildhauer Jean de Piépape, zeichnete um den Wust aus Pressefotografien ein Aquarium, in dem ein fetter Fisch eine der Fototrophäen schon verschluckt hat. Indes, sind blaue Soldaten noch als Soldaten oder eher als Touristen anzusehen? Und was ist eigentlich vom sogenannten Normaltouristen zu halten?
Mit einer weiteren Reihe von Arbeiten, einer Wanderausstellung vom Typ „Semi-Bourgeois“, treten Geoffroy und de Piépape in der Ausstellungsserie „Die Konstruktion des Raumes“ auf. Darin versuchen sie sich allerdings an einer aberwitzigen Re- und Dekonstruktion des Medienraumes, den Kalte Krieger, Fotoprofis und Knipser gleichermaßen bevölkern. Deshalb bat der „Colonel“ vor einem Fotoschnellabor in Bangkok einige Touristen, ihm vier ihrer Urlaubsfotos zu verkaufen, wobei ein Foto sie selbst zeigen mußte. Fotografieren tun immer nur die anderen, möchte man sich gleich vorsorglich wehren. Aber so schlimm ist es gar nicht. Der Knipser überrascht als eher individueller denn typischer Charakter. Auch wenn der 25jährige Fensterputzer mit seinen Sexmiezen protzt. Rebecca Horn (!), 29 Jahre alt und Medizinerin aus den Vereinigten Staaten, interessiert sich dafür für buntgefiederte Hähne. Brigitte Werneburg
Bis 23.8., Mi.-So., 15 bis 20 Uhr, Prenzlauer Promenade 3.
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