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■ VorschlagFeierstunde der Tradition mit Henze und Reimann im Kammermusiksaal

In ihrer musikalischen Haltung wirken sie wie Brüder. Der große Bruder ist Hans Werner Henze und ist dieses Jahr 70 Jahre alt geworden. Der kleinere ist Aribert Reimann, auch er Jubilar: 60. Geburtstag. Die Berliner Festwochen gratulieren mit einem „Henze- Reimann-Zyklus“ von drei Kammermusikkonzerten und einigen weiteren, in das Festival eingeflochtenen größeren Schinken.

Beide Komponisten sind den Klangexperimenten und ästhetischen Umwälzungen der Neuzeit abhold, am wohlsten fühlen sie sich in den traulich gewohnten Gemächern des romantischen Orchesters, das sie durch sanften Einsatz von Zwölftönigkeit ein wenig quälen. In Melodik und Form sprechen sie aber stets die teils lyrischen, gerne aber auch eruptiven Idiome der Expression. Henze ist der wohl erfolgreichste Komponist der neueren Musikgeschichte, einer der ganz wenigen, deren Stücke seit vierzig Jahren einen festen Platz im bürgerlichen Konzertleben errungen haben. Das ist insofern ganz erstaunlich, als er Ende der 60er Jahre als Salonrevolutionär auftrat und das Establishment mit marxistischen Parolen schraubte, was dieses ihm merkwürdig wenig übelnahm.

Möglicherweise weil in Henzes Musik stets die hehre, vom Leben abgehobene autonome Kunst im Vordergrund stand. Wo soviel gediegenes Handwerk herrscht und bürgerliche Traditionen gepflegt werden, kann der künstlerische Verrat nicht allzuweit gehen. Bei Henze klingen die schönen Stellen durch die gelegentlich eingestreuten Harschheiten nur um so süßer. Der kleine Bruder, Aribert Reimann, schafft eher zurückgezogen, im verborgenen, wobei seine großen Opern stets überregionalen Widerhall finden. Während sich dort der Hang zum überladenen Tonsatz, wo mit allen verfügbaren Spielkräften ein Knäuel von Stimmen angerichtet wird, dominiert in der Kammermusik der mit sicherer Hand vorgetragene lyrische Ton. In dem neunsätzigen Streichtrio von 1987 setzt er Alban Berg ein Denkmal, indem er dessen Kryptogramm durchdekliniert. „Wo so viel Gutes wird beschert ...“ Frank Hilberg

Heute, 22.30 Uhr, Streichquartette und Trios, morgen, 22.30 Uhr, Cello-Solos und Klavierstücke, 8. 9., 18 Uhr, Stücke für Chor und Ensemble, Kammermusiksaal der Philharmonie

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