■ Vorschlag: Erinnerung an die elf befreiten Tage von 1956 im Haus Ungarn
Etwas für Zahlenmystiker. In Zwölfjahreszyklen bereitete sich der Zusammenbruch des Ostblocks vor: 1956 der Ungarnaufstand, 1968 rebellierten die Tschechoslowaken, 1980 schließlich erschütterten die polnischen Streiks die Volksrepublik. Sieben Jahre später bedeutete die Öffnung des Eisernen Vorhangs zwischen Ungarn und Österreich das endgültige Aus des Ostblocks.
Das Haus Ungarn, dessen Café übrigens eines der angenehmsten in Mitte ist, erinnert in einer Veranstaltungsreihe an den 40. Jahrestag des Aufstands, der mittlerweile Nationalfeiertag ist. Es gibt eine Fotoausstellung über die 16.000 Ungarn, die nach der Niederschlagung der Revolte nach Deutschland flüchteten, eine Reihe von Spiel- und Dokumentarfilmen sowie Vorträge und Podiumsgespräche über die „Revolution der Menschenwürde“ unter der Imre- Nagy-Regierung, die seit 1953 – auf Bestreben der SU! – im Amt war. Am 23. Oktober 1956 forderte eine von Studenten organisierte Massendemonstration in Budapest, an der über 200.000 Menschen aller Bevölkerungsgruppen teilnahmen, die Wiederherstellung der nationalen Unabhängigkeit unter Beibehaltung der sozialen Errungenschaften des Sozialismus und bürgerlich-demokratische politische Rechte ... Auch wenn die Rote Armee einmarschierte und mit blutigem Terror eine sogenannte „Arbeiter-und-Bauern-Regierung“ an die Macht brachte, konnte Ungarn „nie wieder wie ein gewöhnliches Ostblockland regiert werden. Weder die bewußt gesteuerte Konsumorientierung der sechziger und siebziger Jahre noch das offizielle System von Tabus konnten diese elf Tage aus der kollektiven Erinnerung verbannen“, so der Schriftsteller und Leiter des Haus Ungarn, György Dalos, der den Aufstand mit der „Altklugheit der Nachkriegskinder“ erlebt und sich vor allem an Filmbilder erinnert gefühlt hatte. Detlef Kuhlbrodt
Haus Ungarn, Karl-Liebknecht-Straße 9, Berlin Mitte; Veranstaltungstermine: siehe Tagesprogramm
Ungarische Aufständische 1956 Foto: AKG Pressebild
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