piwik no script img

■ VorschlagDer aufregendste gemeinsame Nenner: Reprazent feat. Roni Size

Vorschlag

Der aufregendste gemeinsame Nenner: Reprazent feat. Roni Size

Hier treffen sich der Novize und der, der schon immer alles wußte. Hier treffen sich erstmals im Drum'n'Bass auch Innovation und ein Drang zum Pop, der auf Genre-Abgrenzungen einen Dreck gibt. In Bristol, da wo Roni Size, DJ Krust, DJ Die, Onalee und Dynamite, DJ Suv oder wie sie alle heißen mögen vor sich hinwerkeln, ist man offensichtlich weit genug weg von den Londoner Laufstegen, um nicht in die Vermainstreamisierungsfalle zu tappen, trotzdem keine Berührungsängste zu haben und den Wo-ist-die-Credibility-hin- Vorwurf nicht zu fürchten.

Als Reprazent wird auf einem Major-Label veröffentlicht, und kein Mensch wundert sich, wenn Auskopplungen aus „New Forms“ bei MTV rotieren. Andererseits stehen haufenweise Neuerscheinungen unter anderen Namen bei Indies und den eigenen Kleinlabels an, und wenn sie die Zeit hätten, könnten sie immer noch in den kleinen Clubs auflegen. Auf „New Forms“ steuert Bahamadia, Rapperin aus Philadelphia, ein paar Lines bei, während andere Stücke mit dem Herzen von Hausfrauen liebäugeln, indem sie fröhlich soulige Frauen-Vocals benutzen. Ein luftiges Sample von Everything But The Girl kommt einhergeschwebt. Der Track „Morse Code“ heißt nicht nur so, sondern beruht auch auf einem, während ein anderes Stück nur auf Human Beatbox und Stimm-Samples basiert, eine Art A-cappella-Jungle.

„Ladies and gentlemen, introducing to you: the sounds of now“, heißt es einmal. Das ist sicherlich richtig, das ist aber auch schnell der kleinste gemeinsame Nenner. Allerdings der aufregendste kleinste gemeinsame Nenner, der sich in letzter Zeit auf Platte pressen ließ. Diese Klänge füllen Dein frisch ausgepacktes, glänzendes Audio- Zimmer ebenso souverän aus wie einen vollgepißten Tanzboden. Die Bristol-Clique hat es geschafft, Jungle und Drum'n'Bass ein Stück Menschlichkeit zurückzugeben, ohne die elektronische Sache zu verraten. Der Weg geht wieder weg von den Kopfexperimenten mancher DJs, die selbst seit Jahren keinen Club mehr von innen gesehen haben. Zu Hause mögen Roni Size und die Kollegen an den Knöpfchen drehen, auf der Bühne arbeiten die vier DJs live mit Schlagzeuger, Bassist, Perkussionisten und Sängerinnen. Die einen mögen das Zugeständnis nennen, schlußendlich trägt es zur erklärten Mission von Roni Size bei: seinen zu allen Seiten offenen Entwurf von Jungle und Drum'n'Bass an die Spitze der Charts zu tragen. Thomas Winkler

26.9., 20 Uhr, Tempodrom, In den Zelten, Tiergarten

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen