■ Vorlauf: Bilderbuch- Gangster: "Capone"
„Capone“, 22.45Uhr, West3
Der helle, breitkrempige Hut und die dicke Havanna waren – neben einer äußerst kleidsamen Gesichtsnarbe – seine Markenzeichen. Daß er eine Vorliebe für seidene Unterhosen hatte, wußten nur Insider. Er war der meistgehaßte Gangster Amerikas und genoß gleichzeitig eine Popularität, von der heutige US-Präsidenten nur träumen können. Al Capone, der berühmteste Mafia-Boß, den das organisierte Verbrechen bislang hervorgebracht hat. Dank der wahnwitzigen Idee der US-Regierung, das Volk per Prohibitions-Gesetz vom Fusel zu erlösen, scheffelte Capone im Chicago der 20er Millionen. Selbst erst Mitte zwanzig, entpuppte er sich als cleverer Geschäftsmann, der über Leichen ging und am Ende selbst den Chicagoer Bürgermeister auf seiner Lohnliste hatte. Doch so immens seine Umsätze auch waren, gemessen an jenen Unsummen, die Hollywood mit dem Leinwandmythos Al Capone aias „Scarface“ verdiente, nehmen sie sich bescheiden aus.
Für seine kurzweilige Dokumentation hat Christian Bauer in den Archiven gestöbert, Originalschauplätze aufgesucht, an einer skurrilen Sightseeing-Tour auf den Spuren Capones teilgenommen und mit Zeitzeugen gesprochen. Darunter Al „Wallpaper“ Wolf, der letzte Überlebende jener „Untouchables“, mit denen das FBI seinerzeit den Sumpf der korrupten lokalen Ordnungshüter austrocknen wollte (den Spitznamen verdankt Wolf seiner Eigenart, in den Mafia-Spelunken stets alles bis auf die Tapeten konfiszieren zu lassen). Das Salz in der Suppe sind bei Bauers Film jedoch die vielen, souverän eingeschnittenen Sequenzen aus Leinwand-Klassikern von Sternbergs „Underworld“ bis zu de Palmas „The Untouchables“. R.L.
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