Vorlauf: Woher kommt Aids? ('Weltweit': Aids - die Afrika-Legende, von Malte Rauch und Heimo Claasen, 3.1.89, West Drei, 20.00 Uhr)

('Weltweit‘: Aids - die Afrika-Legende, von Malte Rauch und Heimo Claasen, 3.1., West Drei, 20 Uhr) Als Anfang der achtziger Jahre die „erworbene Immunschwäche-Krankheit“ namens Aids erstmals beobachtet wurde, entstanden binnen kürzester Zeit Theorien, die die Herkunft des Virus zum Beispiel in Haiti ausmachten - eine Annahme, die ebenso schnell zurückgenommen werden mußte. Daraufhin wurde man scheinbar woanders fündig: In Afrika sei Aids entstanden, hieß es, und zwar übertragen durch einen ähnlichen Krankheitserreger der grünen Meerkatze.

Malte Rauch, Filmemacher aus Frankfurt, und der Belgier Heimo Claasen sind dieser Theorie nachgegangen. In ihrem Dokumentarfilm mit dem internen Arbeitstitel Das Affentheater wird vor allem eines klar: Die Afrika-/Affen -These ist nicht nur längst wissenschaftlich überholt, sondern wurde über lange Zeit wider besseres Wissen am Leben erhalten und bis heute weiterverbreitet. Viel wahrscheinlicher sei es da schon, daß das Virus über infizierte Blutkonserven aus Europa oder aus den USA nach Afrika kam, sagen Rauch und Claasen. Dafür spreche unter anderem die Tatsache, daß die Gruppe der in Afrika Erkrankten aus Männern, Frauen und Kindern besteht und eben nicht aus sogenannten Risiko-Personen.

Die angeblich überwiegend durchseuchte „Aids-Hölle Afrika“ (Zeitungsschlagzeile) erweist sich bei genauerer Recherche als Hirngespinst westlicher Wissenschaftler und Journalisten. So hat beispielsweise Zaire für 1987 ungefähr so viele Aids-Kranke gemeldet wie das Bundesland Hessen, das nur ein Fünftel der Einwohner hat: 335. Zur gleichen Zeit waren allein in New York weit mehr als 10.000 Erkrankte registriert, von denen 2.000 obdachlos auf der Straße leben müssen. Doch die erschreckend hohen Zahlen für Afrika haben nicht nur frühere ungenaue Meßmethoden als Ursache. „Für uns“, sagt Malte Rauch, „war das Erstaunliche, daß, wenn man die Berichte in den Zeitungen oder im Fernsehen liest, es wirklich nur den Schluß zuläßt: Das ist versteckter Rassismus. Die Affen und die Afrikaner liegen in der Meinung solcher Autoren sehr nahe beieinander.“ Und weiter: „Was wir entdeckt haben: Die Afrika-These ist für viele Leute so wichtig, weil es die einzige Alternative ist zu der anderen Hypothese, daß Aids nämlich aus einem Labor kommt - einem kommerziellen oder Militärforschungslabor, was heute schon gar nicht mehr zu unterscheiden ist.“

Auch dafür präsentiert der Film Belege, so etwa den Antrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums an den Haushaltsausschuß des Kongresses, zehn Millionen Dollar bereitzustellen zur Herstellung „eines künstlichen Virus, mit dem das menschliche Immunsystem außer Kraft gesetzt werden könnte“. Das war 1969. Und Dr. Regine Kollek, Mitglied des wissenschaftlichen Stabs der Gentechnik-Enquete -Kommission des Bundestages, sagt vor der Kamera: „Ich teile die Einschätzung, daß im Rahmen der Militärforschung sehr viele Schweinereien gemacht werden - anders kann man das wohl nicht nennen -, sicherlich auch in den sechziger, siebziger Jahren mit Viren herumgepanscht wurde und auf dem Wege sich vielleicht ein solches Virus entwickeln konnte. Man hat praktisch ohne Sicherheitsmaßnahmen gearbeitet.“

Marietta Frühwein

Der Film wird auch in der Reihe 'Blickpunkt Ausland‘ wahrscheinlich am Montag, den 23. Januar, um 22 Uhr 40 in Hessen Drei gezeigt.