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Von Hühnerknochen und Kläranlagen

Zu Beginn der sechziger Jahre war Umweltschutz noch kein Thema; so schwieg sich der Antarktisvertrag zu diesem Punkt aus. Doch zum dreißigsten Geburtstag des Abkommens wurde im Oktober 1991 ergänzend das sogenannte Protokoll von Madrid verabschiedet. Es verbietet den Abbau von Bodenschätzen und schreibt den Vertragsstaaten vor, künftig die Umweltverträglichkeit aller Aktivitäten zu prüfen, die sie auf dem sechsten Kontinent unternehmen. Das Papier trat am 14. 1. 1998 völkerrechtlich in Kraft.

Damit ist nun jede Tätigkeit in der Antarktis genehmigungspflichtig. Deutsche Genehmigungsbehörde ist das Umweltbundesamt (UBA). Es hat darüber zu befinden, ob ein geplantes Forschungsprojekt oder eine Abenteuerreise „weniger als geringfügige oder vorübergehende Auswirkungen“ auf die Antarktis hat. Das ist zweifellos ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Praxis. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail: Was genau heißt hier geringfügig oder vorübergehend? Auch dem UBA scheint das nicht völlig klar zu sein, denn es hat zur Interpretation ein Gutachten in Auftrag gegeben, das inzwischen vorliegt, aber noch nicht veröffentlicht wurde.

Auch an anderer Stelle wird der Kompromißcharakter des Umweltschutzprotokolls deutlich. So werden die Gefahren durch eingeschleppte Krankheitserreger zwar durchaus gesehen. Es müßten Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, „um das Einbringen von Mikroorganismen (zum Beispiel Viren, Bakterien, Parasiten, Hefepilze, Schimmelpilze) zu verhindern“. Aufgelistet ist, auf welche Erreger das Geflügel untersucht werden muß, das in die Antarktis eingeführt wird, und wie die Reste von Geflügelmahlzeiten zu beseitigen sind. Doch sind andere Vorschriften weit weniger penibel. So ist die Einleitung von Abwässern ins Meer weiter zulässig. „Soweit durchführbar“ ist dabei für eine ausreichende Verdünnung zu sorgen. Der Abtransport von Fäkalientanks oder der Bau einer Kläranlage machen eben mehr Umstände als die Verbrennung von Hühnergerippen. Wiebke Rögener

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