Vom proeuropäischen Kurs enttäuscht: Václav Klaus steigt aus
Gerüchten zufolge will der tschechische Präsident die Regierungspartei ODS verlassen. Grund: die Europapolitik.
PRAG taz Tschechiens Präsident Václav Klaus will angeblich seine Partei verlassen. Als Gründer und Ehrenchef der regierenden Bürgerlich-Demokratischen Partei (ODS) fühlt sich Klaus von deren proeuropäischem Kurs enttäuscht. "Grundsätzlich stimme ich nicht mit der Europapolitik der ODS-Führung überein. Punkt", erklärte Klaus in der Tageszeitung MF Dnes. Mitglied der konservativen Partei sei er "wahrscheinlich noch ein paar Tage."
Der Klaussche Groll gegen die eigene Reihen hat in ODS-Chef und Premier Mirek Topolanek seine Personifizierung gefunden. Schon bei Topolaneks Wahl an die Parteispitze im Dezember 2002 stempelte Klaus ihn als "leer und falsch" ab. Selbst als Topolanek die ODS mit ihrem Wahlsieg im Juni 2006 aus der Opposition führte, konnte er beim Präsidenten nicht punkten.
Der Prager Ökonomieprofessor Klaus und der Exunternehmer aus der Wallachei Topolanek wurden weder auf politischer noch persönlicher Ebene warm. Die jahrelange Antipathie ist nun zu einem offenen Kampf geworden. Klaus, der sich als eurokritischer Vordenker versteht, ist sauer auf die proeuropäische Linie der ODS-geführten Regierung. Die erklärt schon lange, sie werde die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags unterstützen - aus Gründen einer Art von Euroklüngelei, wie Klaus glaubt. "Die fahren dauernd nach Brüssel und reden dort über ihre Frauen und Kinder und wo sie in Urlaub waren. Politiker dieses Typs sind mehr mit Politikern anderer europäischer Staaten befreundet, als mit den Bürgern des eigenen Landes. Mirek Topolanek ist der Prototyp dieses Phänomens", schimpfte Klaus in der MF Dnes.
Was ihm bleibt, ist der Rückzug. Sein Versuch, die Niederlage der ODS bei den Senats- und Regionalwahlen im Oktober zu nutzen, Topolanek als Parteichef zu schassen, scheint gescheitert. Gerüchten zufolge trägt sich Klaus mit Gedanken an eine neue, euroskeptische Partei, die eng mit dem irischen Lissabon-Gegner und Klaus-Kumpel Declan Ganley zusammenarbeiten soll. Arbeitstitel: Libertas.cz
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