Volontariat 2023 : Freiwillig ins kalte Wasser
Die Panter Volontärin Adefunmi Olanigan lernt bei der taz, die Komplexität der Welt zu verstehen und journalistisch verständlich darzulegen.
Noch vor der Morgenkonferenz des Berlin Ressorts schwinge ich mich aufs Rad und rase mit einem Kollegen durch Berlin-Mitte. Wir sind auf dem Weg zur Pressekonferenz, in der SPD und CDU ihren Koalitionsvertrag für Berlin vorstellen. Es ist der erste Tag meines Panter-Volontariats bei der taz und ich starte mitten hinein. Zum Glück kenne ich die typischen taz-Turbulenzen bereits aus meinem vorherigen Praktikum.
„Funmi, die wird eines Tages Journalistin“, sagte mir eine Mitschülerin vor vielen Jahren. Ich war meist die, die den Unterricht mit nach- und hinterfragen störte. Obwohl ich nicht dran glaube, tauchte der Gedanke über die Jahre immer wieder auf.
Ich entschied mich Biochemie zu studieren und betreute während meines Bachelors ein Versuchslabor für Schüler*innen. Viel lieber als die Experimente im Labor leitete ich die Diskursrunden zu Gentechnik. Ich stellte fest: Die Schnittstelle von Forschung zu Gesellschaft sowie Politik und die daraus resultierenden Diskurse abzubilden, interessierten mich viel mehr.
Mit dem 18-monatigen Panter Volontariat in der taz fördert die taz Panter Stiftung junge Menschen, die in Redaktionen sonst unterrepräsentiert sind – etwa solche mit Migrations-hintergrund oder ohne akademische Laufbahn. 2023 sind es erstmals drei Volontär:innen: Sean-Elias Ansa (seit Januar) und Adefunmi Olanigan und Leon Holly (beide seit April). Durch Spenden können Sie das Panter Volontariat unterstützen: taz.de/spenden
Als ich für meinen Biochemie Master nach Leipzig zog, begann ich für die Hochschulzeitung „luhze“ zu schreiben. Ein halbes Jahr später als Teil der Chef*innenredaktion gestaltete ich fast jeden Monat das 16-seitige Blatt.
Journalismus – das ist es anscheinend doch. Während andere „luhze“-Redakteur*innen bei Lokalzeitungen volontierten, fragte ich mich, wie es für mich weitergeht. Mehrere Monate in einer Lokalredaktion irgendwo aus der Provinz aus Sachsen oder Thüringen berichten, gehört für sie oft dazu. Meine neugierige Nase in die Angelegenheiten vor Ort zu stecken und dort für die Zeit auch noch zu wohnen, schien mir als Schwarze Frau ziemlich heikel. Ich fragte mich, inwieweit Redaktionen diesen Umstand überhaupt im Blick haben und wie ich damit künftig umgehen möchte.
Zuerst ein Praktikum bei der taz
Eine andere Möglichkeit ergibt sich. Ich bewerbe mich für ein Stipendium im Bereich Investigativem Journalismus. Damit komme ich im November 2022 für ein zweimonatiges Praktikum im Ressort „Reportage und Recherche“ erstmals zur taz.
Schon zuvor bewunderte ich die starken Recherchen der Zeitung, mit vielfältigen Perspektiven und Schwerpunkten, die mir anderswo oft fehlen. Während meines Praktikums beschäftige ich mich dann mit Menschen, die aus dem Gesundheitssystem fallen. Aus zwei wurden drei Monate und ich schreibe große und kleine Stücke für die wochentaz über Zukunft und Quantencomputer, über Reichsbürgerprinzen und Hundescheiße im Wald. Dabei hatte ich einen wahnsinnigen Spaß und die Redaktion und ihre Streitkultur wuchsen mir schnell ans Herz.
Noch während meines Praktikums bewerbe ich mich für das Volontariat. Ich danke meinen Kolleg*innen und insbesondere den anderen Volos, die mich als ich noch Praktikantin war, bei meiner Bewerbung anfeuerten und unterstützen.
Ich genieße es in immer neue Themen einzutauchen und mein neugierig gesammeltes Wissen, weitergeben zu können. In meiner Arbeit lerne ich die Welt immer besser in ihrer Komplexität zu verstehen und bin mir auch sehr über die Verantwortung bewusst, sie in ebendieser abzubilden und verständlich zu machen.
Ich merke: Noch öfter als mich die taz ins kalte Wasser wirft, springe ich inzwischen ganz freiwillig hinein. Ich will lernen, und erst recht das machen, was ich noch nicht so gut kann. Dabei zweifle ich und wachse zugleich ständig über mich hinaus.