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VolleyballErst mal abgeschmettert

Der SCC Berlin spielt nun öfter in der Max-Schmeling-Halle, damit mehr Zuschauer kommen. Zum Saisonstart kamen 3.700 - und sahen ein 2:3 gegen Rottenburg.

Es sah schon ein wenig nach Verzweiflung aus, als ein Zuschauer Mitte des dritten Satzes im Spiel der Volleyballbundesliga zwischen dem SCC Berlin und dem TV Rottenburg direkt hinter der Berliner Bank die kubanische Fahne hochhielt. Er forderte vehement die Einwechslung seines Landsmannes Salvador Hidalgo Oliva. Es half allerdings nur bedingt. Erst kurz vor Spielschluss durfte der Kubaner in Berliner Diensten einige Ballwechsel bestreiten. Allein es nützte nichts mehr. Denn genauso verzweifelt wie der Flaggenträger muss sich auch SCC-Trainer Andrei Urnaut gefühlt haben. Mit 2:3 verloren seine Mannen am Sonnabend völlig überraschend gegen den klaren Außenseiter vom Neckar.

"Wir haben zu viele technische Fehler gemacht und dafür teuer bezahlt", sagte Urnaut. Der 44-jährige Slowene ist neu beim SCC und muss sich wohl auf eine wechselhafte Saison einstellen. Letzte Woche in Düren noch eine starke Leistung, diese Woche gegen Rottenburg ein schwacher Auftritt. "Ich hoffe, wir lernen daraus", sagt er.

Aber nichtsdestotrotz hat der SCC eine gute Gelegenheit verpasst, Werbung zu betreiben. Denn die Charlottenburger wollen Volleyball in Berlin zu einer bekannten Marke machen. "Berlin akzeptiert nur Spitzensport", sagt Manager Kaweh Niroomand. Deshalb wollen sie mehr Aufmerksamkeit und mehr Zuschauer. Man zog zum ersten Heimspiel in dieser Saison extra von der Charlottenburger Sömmeringhalle in die viel größere Max-Schmeling-Halle.

Schon in der vergangenen Saison gab man zwei Gastspiele in Prenzlauer Berg. Die Zuschauer strömten wie noch nie zu einem Volleyballspiel in Berlin. Deshalb entschied man, in dieser Saison bis zu acht Spiele dort auszutragen. Das erste gleich zum Saisonheimauftakt gegen Rottenburg. Und wie in der vergangenen Saison war auch diesmal die Halle mit 3.700 Zuschauern gut gefüllt. Kaweh Niroomand war über den Zuspruch sichtlich zufrieden: "Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht?"

Langfristig soll die Max-Schmeling-Halle die dauerhafte Heimstätte werden. Im Augenblick ist der Umzug aber noch ein teures Unterfangen. Etwa 12.000 Euro muss der SCC für jeden Auftritt berappen. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass der Gesamtetat nur bei 850.000 Euro liegt. So muss an anderer Stelle gespart werden. Statt des üblichen Zwölf-Mann-Kaders kann der SCC nur über elf Akteure vorweisen.

Aber nicht nur bei der Heimspielstätte gibt es Veränderungen. Auch das Team muss sich nach dem Umbruch erst noch finden. Sechs Abgänge musste der SCC vor der Saison verkraften. Fünf Neue und der Trainer kamen. Die Mannschaft ist noch sehr jung. "Auf und Abs sind da eigentlich ganz normal", sagt Trainer Andrej Urnaut.

Keine Frage, der SCC hat mit den Abgängen an Qualität verloren. Die Ansprüche sind deshalb gesunken. In den letzten Jahren hatten der SCC stets die Meisterschaft angestrebt - auch wenn er immer wieder gescheitert ist. Zuletzt im Halbfinale. Das würde Kaweh Niroomand in dieser Saison allerdings reichen. Aber die Niederlage gegen Rottenburg hat gezeigt, dass auch das schwierig werden könnte. "Man muss das realistisch einschätzen. Sportlich werden wir kämpfen müssen. Wenn wir uns nicht verbessern, werden wir noch öfter verlieren", sagt Niroomand.

Die Abgänge einiger talentierter Spieler schmerzen. "Das ist aber nun einmal der normale Gang", sagt Niroomand. Immer wieder bildet der SCC Talente aus und immer wieder verlassen sie die Stadt, wenn sie eine gewisse Reife erlangt haben. Ziele sind in der Regel zahlungskräftige Vereine - vor allem im Ausland. Große Ablösesummen gibt es aber nicht. "Das ist im Volleyball nicht üblich", sagt Niroomand. Trotzdem hat sich der Manager schon gefragt, ob die Nachwuchsarbeit überhaupt noch Sinn macht. "Wir haben aber auch eine soziale Aufgabe", sagt er und verwarf den Gedanken. Neben dem ehemaligen DDR-Nachwuchszentrum in Marzahn betreibt der SCC auch kleinere Talentschmieden in Mitte und Charlottenburg. Bisher hat sich die Arbeit gelohnt. 17 deutsche Meistertitel konnten die Berliner schon gewinnen. Bundesweit ist das Spitze.

Vermutlich werden auch in Zukunft neue Talente aus der SCC-Schmiede hervorgebracht. Und vermutlich werden sie irgendwann den SCC verlassen. Aber Umbrüche ist der Verein gewohnt. Also ist die jetzige Situation schon fast wieder Routine.

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