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Archiv-Artikel

■ Volksabstimmungen zur EU-Verfassung Eine Bringschuld der Politik

betr.: „Nicht nur Sache der Techniker“, taz vom 22. 4. 04

Die Behauptung, dass Attac gegen ein Referendum über die EU-Verfassung ist, kann man so nicht stehen lassen. Wir von Attac Stuttgart und andere Attac-Gruppen setzen uns sehr wohl für ein Referendum ein; das ist die einzige Möglichkeit, eine breite Diskussion über die EU-Verfassung in Gang zu setzen, die bislang kaum jemand kennt.

Dem jetzigen Verfassungsentwurf kann man so nicht zustimmen: „Der Entwurf öffnet die Türen zur Kommerzialisierung des öffentlichen Sektors noch weiter als bereits bisher. In diese Richtung wirkt auch der Art. III/217, der die EU noch stärker auf die Politik der Welthandelsorganisation WTO festlegt. Über die Hintertür der Handelspolitik wird die vielbeschworene Subsidiarität eingeschränkt. Insgesamt droht eine auch verfassungsrechtlich höchst bedenkliche Absenkung des Grundrechtsniveaus. Auch macht der Entwurf die Aufrüstung zur Pflicht, obwohl jetzt schon die Rüstung Millionen verschlingt, die dringend für soziale Aufgaben benötigt werden. Es ist ohnehin zu fragen, warum Handels- und Militärpolitik in einer Verfassung Regeln unterstellt werden.“

Es wäre wünschenswert, dass die taz inhaltlich auf die Verfassung eingeht und sie nicht weiterhin „den Technikern“ überlässt.

ANNETTE GROTH, Stuttgart

In der Präambel der neuen Europa-Verfassung hat der Konvent formuliert: „Geleitet von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten …“

Wenn sich die EU-Staaten selbst an diese EU-Verfassung halten, dann muss es eine Abstimmung der EU-BürgerInnen über die Annahme dieser Verfassung in allen EU-Staaten geben, auch in Deutschland. Es wäre eine schwere Hypothek, wenn man diese Verfassung gleich mit einer Lüge beginnen würde! Der EU-Verfassungsvertrag wird nur dann zu einer EU-Verfassung, wenn er die Zustimmung der EU-BürgerInnen in einem Referendum erhält. Ohne diese Zustimmung bleibt es nur ein normaler Vertrag wie die von Maastricht oder Nizza.

Wer in Deutschland Volksabstimmungen über wichtige Themen wie den Euro oder die EU-Verfassung will, der hat am 13. 6. Gelegenheit, mit der Aktion „Unabhängige Kandidaten“ erstmals eine Gruppierung zu wählen, die dies zu ihrem Schwerpunkt gemacht hat. Stimmen an der Wahlurne sind vermutlich die einzige Sprache, die die etablierten Parteien noch verstehen. WERNER FISCHERunabhängiger Kandidat für Deutschland bei der Europawahl,Kaufbeuren

Wie in Großbritannien sollte in jedem EU-Land ein Referendum über die Verfassung der EU stattfinden. Jede/r Bürger/in in der EU ist von diesem neoliberalen, undemokratischen Machwerk betroffen und sollte die Möglichkeit bekommen mit zu bestimmen, ob sie/er diese Entrechtungen akzeptiert, bleibt doch die EU-Verfassung weit hinter unserem Grundgesetz zurück:

Jede/r Bürger/in sollte das Recht haben zu entscheiden, ob sie/er damit einverstanden ist, dass Aufrüstung Verfassungsrang erhält. Jede/r Bürger/in sollte das Recht haben, ob sie/er will, dass Atomkraft Verfassungsrang erhält, regenerative Energien jedoch nicht. Jede/r Bürger/in sollte das Recht bekommen, darüber mit zu entscheiden, ob Sozialabbau verfassungsmäßig legitimiert werden soll. Jede/r Bürger/in sollte das Recht haben, darüber zu entscheiden, ob sie/er will, dass EU-Parlamentarier reine beratende und keine entscheidungstreffende Funktion haben sollen (wozu wählen wir überhaupt noch ein EU-Parlament?)

Ein Referendum über diese Verfassung ist niemals ein Entscheid über Europa ja oder nein, sondern ein Entscheid darüber, welches Europa wir wollen: ein demokratisches, soziales und den Frieden förderndes Europa oder ein neoliberales, unsoziales und kriegstreibendes Europa, in dem Demokratie zur Farce wird.

INSA KLINGERG, Balingen

betr.: „Europa braucht diese Debatte“, taz vom 21. 4. 04

Europa aus dem Hinterzimmer des intergouvernmentalen zu holen und den Bürgern näher zu bringen ist eine Bringschuld der Politik. Wenn die Abstimmungen nicht das gewünschte Ergebnis liefern, liegt es an der Politik, nicht an den Bürgern Europas.

KLAUS SAMER, Wuppertal