Village Voice : Lüül mit „Damenbesuch“ und Liedern mit leicht bewegtem Herz
Er hat das alles mitgemacht, dieser Lutz Ulbrich, der sich Lüül nennt: In den frühen Krautrocktagen spielte er mit Agitation Free, durckreiselte bei Ash Ra Tempel psychedelische Sphären, war mit Nico unterwegs und purzelte Anfang der Achtziger irgendwie wieder auf den Boden. Machte NdW und Rocktheater. Noch ein wenig später ist er dann bei den 17 Hippies eingestiegen, von denen ihm etliche auch bei seinem Soloalbum „Damenbesuch“ geholfen haben. Wer so in etwa weiß, was die Hippies machen, ist mit dessen musikalischer Einrichtung vertraut. Fast durchweg akustisches Instrumentarium, mit Akkordeon, Geige, Banjo und so weiter, das auch alle durchaus zu findenden musikalischen Spurenelemente aus den eingangs aufgezählten Lebensstationen Lüüls ins folkloristische Schneuztüchlein packt. Was manchmal Stimmungen ergibt, wie sie bei Element of Crime zu hören sind, und bei den Texten darf sich Lutz Ulbrich mit seiner wortgewandten Schnoddrigkeit schon mit auf die gleiche Bank wie Sven Regener setzen. Mir gefällt dabei besonders die Zeile „ferngesteuerte Schlafanzüge rattern durch die U-Bahnschächte“ im Lied „Untergang“. Sonst gibt es noch Romanzen, in denen sich die Liebe einfach überlebt hat, und stille Seufzer, in denen man der Liebe hinterhersehnt. Eine sympathische Platte. Sympathisch auch, dass Lüül erst gar nicht versucht, richtig zu singen, und dafür die Worte irgendwie rauspresst und nuschelt wie einer aus der letzten Bank, der gerade aufgerufen wird. Und es klingt nach Kneipe und nach dem Fahrtensingen aus der Mundorgel. Trotzdem wird nicht einfach nur locker drauf los geschrammelt. Da hat man sich seine Gedanken gemacht über Arrangements und die Dramaturgie und auch ein leicht bewegtes Herz, das sich das gar nicht gleich anmerken lassen will. Release-Party am Donnerstag im Soda in der Kulturbrauerei. TM