Village Voice: No Big Light
■ The Big Light haben die große weite Welt der Drum-Computer für sich entdeckt: „High Density“
Das Beste gleich zu Beginn: The Big Light haben einen Hit gelandet. Ein Song, der alle Menschen vor dem Herrn gleichmacht, der greift, der sich in die Gehörgänge fräst und sich dort für einen längeren Zeitraum einnistet. Zum Merken, Mitträllern und Immer-Wiedererkennen.
„Let's Start Playing“ heißt das Stück auffordernd, „this is time to sink or swime, this is time to lose or win, so let's start playing“, schnarrt Sänger Kai Hackberger sehr cool in die Mikros. Auf einen gemächlich vor sich hin pumpenden Groove machen ein Piano (aus den Computern), ein gängiger Refrain und eine gezielt eingesetzte weibliche Hintergrundstimme einen guten Popsong. „Don't waste your time, don't wait too long, don't hesitate 'til your time is gone“ sind „live- fast“-Zeilen, die ihr übriges dazugesellen.
Für diesen Aufschwung hat es bei Big Light allerdings sehr lang gebraucht, denn die Band existiert bereits seit 1988, und zu lange spielte man einen nicht sehr aufregenden, drögen Gitarrenrock. Musik, die auch nicht aufregender wurde, als man sich der Band U2 annahm und einen Song von diesen coverte. Fast mehr Interesse erweckten The Big Light, als man in Erfahrung brachte, daß ihr Bassist einer von der teenigsten Band aller Zeiten war, nämlich von den hochgeschätzten Teens! Wogegen der Plan-B-Familieneffekt immer nur eine Randnotiz wert war.
Bei diesen Voraussetzungen, keine Frage, hatten The Big Light Großes im Sinn, aber so richtig passieren wollte es eben nicht, und folglich legte die Band eine längere Schaffenspause ein, schrumpfte sich von fünf auf drei Gruppenmitglieder klein und entdeckte die große weite Welt der Drum-Computer und Sample-Maschinchen. Das Ergebnis ist das Album „High Density“, ein kalkuliertes, am Computer entworfenes Soul/Funk-Album, eingespielt und eingespeist von drei Berliner Jungs.
Und die haben sich einfach mal angeschaut und angehört, was Heaven 17 schon vor zehn Jahren mit ihrem dritten Album „How men are“ veranstaltet haben, den großen intelligenten, reißbrettartigen, soul- und funkbeeinflußten Popentwurf mit Eleganz. Doch bei „High Density“ will die Freude über den eingangs erwähnten Song nicht lange anhalten: Zu steril, zu vordergründig plätschern die anderen Songs vor sich hin, ab und an unterbrochen von programmierten Interludes. Mit den einschmeichelnden Piano-, Klavier- und Trompeteneinsätzen versuchen The Big Light ein bißchen Zurückgenommenheit und Wärme herüberzubringen, doch der Geschmack daran wird fader und fader.
Leider rettet ein guter Song weder den Sommer noch so ein Album, und möglich, daß das Echtheits- und Authentizitätsgebolze der Gitarren, die auf „High Density“, ganz der früheren Vergangenheit entsprechend, durchaus nicht zu kurz kommen (bloß: woher?), demnächst wieder interessanter für The Big Light werden kann. Schließlich haben ja selbst U2, trotz ihres überdimensionierten Medienspektakels, das das Medium als solches ad absurdum führen sollte, den guten alten Johnny Cash als Gastsänger auf ihrem ZOOropa- Album präsentiert, nicht nur Verbeugung, sondern auch Fingerzeig. Was soll's, The Big Light haben ein Album gemacht, das perfekt ist, das trotz allen Souls wenig mit selbigem zu tun hat (man darf es auch seelenlos nennen), das zitatengeschwängert ist und das auf möglichst viele Tanzböden und Cocktailbars schielt. Orte übrigens, wo „High Density“ sogar ganz gut funktionieren könnte. Gerrit Bartels
The Big Light: „High Density“ (SPV records)
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