VfL Wolfsburg wird Titelfavorit: Hungriges Rudel reißt Verfolger
Im drittletzten Spiel von Felix Magath als Trainer zerlegt der Tabellenführer Wolfsburg seinen Gegner Dortmund regelrecht.
Morgen in Wolfsburg geht der Rummel los, das Schützenfest im Allerpark, das alljährlich mehr als 300.000 Besucher ins östliche Niedersachsen lockt. Oberbürgermeister Rolf Schnellecke nimmt den Fassanstich vor und am übernächsten Samstag ist ein Großfeuerwerk geplant. Gut möglich, dass das Programm fürs Schlusswochenende des Wolfsburger Rummels noch umgeschrieben werden muss - wenn sich nach dem letzten Bundesliga-Spieltag am 23. Mai Heerscharen von Fußballfans unters Festvolk mischen.
VfL Wolfsburg - Hannover 96 (A) /Werder Bremen (H)
Bayern München - 1899 Hoffenheim (A) /VfB Stuttgart (H)
Hertha BSC - FC Schalke 04 (H) /Karlsruher SC (A)
VfB Stuttgart - Energie Cottbus (H) /Bayern München (A)
Mönchengladbach - Bayer Leverkusen (A) /Borussia Dortmund (H)
Arminia Bielefeld - Borussia Dortmund (A) /Hannover 96 (H)
Energie Cottbus - VfB Stuttgart (A) /Bayer Leverkusen (H)
"Deutscher Meister wird nur der VfL!", "Oh, wie ist das schön!" oder "Spitzenreiter, Spitzenreiter!", tönte es in nie gehörter Phonstärke am Dienstagabend aus der Wölfe-Fankurve, und Augenzeugen beteuern, dass speziell auf der Haupttribüne der Arena noch nie so viele Menschen dem VfL Wolfsburg so ausgiebig und ausdauernd applaudierten wie nach dem 3:0 gegen Borussia Dortmund in einem fulminanten Spitzenspiel. Zu erwarten war das nicht - die vernehmbaren Pfiffe gegen Felix Magath waren Zeugnis, dass der Alleinherrscher die finalen anderthalb Wochen allenfalls noch geduldet wird. Aber Magath scheint das nicht zu jucken - und seine Mannschaft auch nicht. "Für mich war wichtig zu sehen, dass alles intakt ist. Alle, die auf einen weiteren Ausrutscher von uns gewartet haben, haben sich getäuscht", stellte der Trainer fest.
Sein Linksverteidiger Marcel Schäfer, mit 24 Jahren schon ein Leitwolf, widerspricht glaubhaft, dass es leistungshemmend ist, wenn der Rudelführer dem Lockruf eines westfälischen Fleischfabrikanten folgt. "Der Trainer hat eine Entscheidung getroffen, den Verein zu wechseln. Das machen viele Spieler auch. Es geht für uns nur darum, jetzt maximalen Erfolg zu haben. Gemeinsam!" Der Tonfall verriet dieselbe Entschlossenheit, die Schäfer und Mitspieler auf dem Platz offenbart hatten.
Marketing-Geschäftsführer Jürgen Marbach war sehr erfreut darüber, "dass wir mit einigen Ausrufezeichen geantwortet haben, da nach der Niederlage in Stuttgart unsere Situation mit ein paar Fragezeichen versehen war". Der vom VW-Konzern installierte ehemalige Tui-Chef fungiert derzeit als öffentliches Sprachrohr beim Spitzenreiter - frank und frei plaudert der PR-Stratege aus, dass man vier deutschsprachige Kandidaten" als Magath-Nachfolger sondiere, worunter sich die international erprobten Bernd Schuster und Michael Laudrup befinden. Erst wenn ein neuer Trainer auserkoren ist, soll entschieden werden, ob dem vor der Beförderung zum Sportdirektor stehenden Pablo Thiam noch ein Manager vor die Nase gesetzt wird. Zukunftsmusik.
In der Gegenwart tanzt noch alles nach Magaths Trillerpfeife. "Er bringt hier seine Arbeit sehr professionell zu Ende", sagt Marbach. Erleichtert wird dem eigenwilligen Impresario der Dienst dadurch, dass Edin Dzeko und Grafite ungerührt Tor um Tor erzielen. Der Bosnier hat nach zwei Treffern (15. und 85.) nunmehr 22 Saisontore, der Brasilianer nach seinem 2:0 (47.) gar schon 24 fabriziert. Zwei weitere Treffer wurden dem 30-Jährigen zu Unrecht wegen Abseits aberkannt. Das VfL-Sturmduo spielt schlicht meisterlich. "Wir halten besser die Füße auf dem Boden", beteuert Grafite, der sich allein davor fürchtet, wie Landsmann Josué die fünfte Gelbe Karte zu sehen. Aber brächte das die Wolfsburger vom Weg ab?
Für die kommenden Gegner - Samstag in Hannover, danach daheim gegen vom Europapokalendspiel geschlauchte Bremer - geht es um nichts mehr. "Ich bin nicht sicher, ob das ein Vorteil ist", meint Magath, "solche Mannschaften können befreit aufspielen." Mag sein.
Aber selbst der Maestro vermutet seine Mannen im Meisterschaftskampf im psychologischen Vorteil. "Die Konkurrenten hinter uns werden bestimmt unruhig." Zumal im Vergleich mit den Bayern nicht nur die um zwei Treffer bessere Tordifferenz für Wolfsburg spricht: Sollten Punkte- und Torkonto am Schluss deckungsgleich sein (was passieren kann!), ginge die Schale ins ehemalige Zonenrandgebiet. Für Magaths Mannschaft wäre dann der direkte Vergleich titelbringend. Den hat sie für sich entschieden - einem historischen 5:1 Anfang April gegen München sei Dank.
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