Veto gegen EU-Pläne: Österreich verhindert AKW-Forschung
Die EU wollte für den Klimaschutz auch kräftig die Atomindustrie mit Forschungsgeldern bedienen. Wirtschaftsminister Bartenstein drohte ein Veto an und legte so den Plan auf Eis.
Ausgerechnet die kleine Alpenrepublik Österreich hat eine Förderung der Atomkraft als angeblich zukunftstaugliche Energie durch die EU vorerst verhindert. Der österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) sorgte am Donnerstag in Brüssel mit einer Veto-Drohung dafür, dass im EU-Plan für klimafreundliche Zukunftsenergien Atomkraftwerke zunächst nicht vorkommen.
Den Energieministern der EU lag am Donnerstag in Brüssel ein Entwurf der EU-Kommission für einen strategischen Energietechnologieplan zum Schutz des Weltklimas vor. Mit diesem sollen sechs Forschungs- und Förderschwerpunkte festgeklopft werden. Zu den sechs vorrangigen Industrie-Initiativen des Plans sollten eine europäische Wind-Initiative, eine Solar-Initiative für große Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, zudem eine Initiative für Biotreibstoffe zweiter Generation und eine Initiative zur Abscheidung und Lagerung von Kohlendioxid gehören. Gefördert werden sollte aber auch die "nachhaltige Kernspaltung" mit dem "Schwerpunkt auf Kernreaktoren der vierten Generation".
Deutschland wurde auf der Sitzung von Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze (CDU) vertreten, der allerdings an der geplanten Förderung von neuen Atomreaktoren keinen Anstoß nahm. Dabei hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem knappen Jahr auf dem EU-Klimagipfel noch die Position vertreten, dass von der Atomkraft kein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz zu erwarten sei. Widerstand gegen eine Förderung von Atomreaktoren mit EU-Mitteln kam nun allein aus Österreich.
Österreich hatte schon 1978 den Ausstieg aus der Atomenergie vollzogen und in einer Volksabstimmung die Inbetriebnahme des ersten und dann auch letzten Atommeilers des Landes verhindert. Nicht dass die ÖVP besonders atomkritisch wäre: Den Entscheid gegen das Atomkraftwerk hatte 1978 auch die ÖVP gestützt: seinerzeit aus parteitaktischen Erwägungen. Der damals übermächtige atomfreundliche Bundeskanzler Bruno Kreisky sollte nach einem verlorenen Referendum zu vorgezogenen Neuwahlen gezwungen werden. Kreisky verlor das Referendum. Die vorgezogene Wahl aber gewann er. Wirtschaftsminister Bartenstein beharrte bei dem Energieministertreffen darauf, dass Kernspaltungsinitiativen kein EU-Geld erhalten.
Über den Energietechnologieplan müssen nun die Staats- und Regierungschefs der EU auf dem Frühjahrsgipfel im März entscheiden. Lob für den Wiener Wirtschaftsminister gab es gestern über die Parteigrenzen hinweg. Die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms, sagte, es dürfe keine EU-Förderung von neuen Reaktorlinien geben. "Wir freuen uns über die Haltung Österreichs, aber eigentlich müsste vor allem Deutschland in der EU für den Atomausstieg streiten", sagte Harms mit Blick auf Wirtschaftsstaatssekretär Hintze. Schließlich sei der Atomausstieg offiziell erklärte Politik der Bundesregierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!