Verteidigung fordert Freispruch: Kofferbombe soll Fake gewesen sein
Im sogenannten Kofferbomber-Prozess fordert die Verteidigung einen Freispruch. Der Angeklagte habe eine untaugliche Bombe als "Warnzeichen" in einem Zug platziert.
BERLIN taz Im Kofferbomber-Prozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Verteidigung den Freispruch des Angeklagten gefordert. Anders als von der Bundesanwaltschaft behauptet, hätten aber der Angeklagte Youssef Mohamad E. H. und der bereits im Libanon verurteilte Mittäter Dschihad H. keineswegs ein "Blutbad" als Racheakt für die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen geplant, sagte Verteidiger Bernd Rosenkranz in seinem Schlussplädoyer am Mittwoch. Es habe sich vielmehr nur um ein "Warnzeichen" handeln sollen. Eine Tötungsabsicht habe nicht bestanden.
Seinem Mandanten sei es darum gegangen, "mit der Attrappe einer Bombe die Leute aufzuschrecken", sagte Rosenkranz. Bei der Tat sei auch "diese Jugendlichkeit und Jungenhaftigkeit" des heute 24-jährigen Angeklagten durchgekommen, der "in seinem ganzen Auftreten nicht wirklich erwachsen" sei. Dessen Motive lägen zum einen in seiner religiösen Ausrichtung, zum anderen in seiner "Antipathie gegen die Amerikaner und den Westen insgesamt", sagte der Anwalt - hervorgerufen insbesondere durch das militärische Vorgehen der USA im Irak und in Afghanistan.
Er und sein Komplize Dschihad H. hätten zeigen wollen, dass man "dem etwas entgegensetzt". Die Konstruktionen in den Koffern "sollten ein wirkliches Erstaunen bei denjenigen hervorrufen, die es öffnen", sagte Rosenkranz. Beide seien aber zu dem Schluss gekommen: "Es macht keinen Sinn, unschuldige Zivilisten zu töten." Deshalb hätten die beiden jungen Männer bewusst keinen Sauerstoff in die Propangasflaschen gefüllt. Daher sei ihnen auch klar gewesen, dass die von ihnen hergestellten Bomben-Konstruktionen nicht funktionstüchtig waren.
Unstrittig ist, dass am 31. Juli 2006 Youssef E. H. im Regionalexpress 12519 Richtung Koblenz einen dunklen Koffertrolley abgestellt hat. Darin befanden sich zwei große Stahlflaschen, gefüllt mit je elf Kilo Flüssiggas, Plastikflaschen mit Benzin, eine Zündvorrichtung aus Wecker und Draht. Eine zweite Kofferbombe deponierte Dschihad H. im RE 10121 nach Hamm.
Die Lesart der Verteidigung deckte sich mit dem Bericht eines Dolmetschers, der vor Gericht am Vormittag vernommen worden war. Er gab Auskunft darüber, was ihm ein von der Verteidigung beauftragter libanesischer Anwalt über ein Gespräch mit Hamad im nordöstlich von Beirut gelegenen Gefängnis von Rumieh Anfang der Woche berichtet hatte. Dschihad H. soll dem Juristen erzählt haben, er sei nach seiner Festnahme im Libanon geschlagen worden. Außerdem habe ihm der libanesische Generalstaatsanwalt mit Folter gedroht.
Nur deshalb habe er seinerzeit ausgesagt, ihr Ziel sei es gewesen, möglichst viele Menschen umzubringen. Tatsächlich jedoch hätten die Bomben nie explodieren sollen. "Es ist eine banale Geschichte gewesen", soll Dschihad H. dem Anwalt gesagt haben. Er und sein in Düsseldorf vor Gericht stehender Landsmann seien "Sündenböcke eines deutschen Theaterstücks".
Die Bundesanwaltschaft sprach hingegen von "einer Vernehmung, deren Beweiswert gegen null geht". Die Anklage bleibe bei ihrer Forderung nach lebenslanger Haft. Vor einer Woche hatte sie in ihrem Schlussplädoyer von einer "geradezu erdrückenden Beweislast" gesprochen. Deutschland habe einem islamistischen Anschlag "nie näher gestanden", sagte Oberstaatsanwältin Duscha Gmel. Alleine ein "handwerklicher Fehler" habe ein blutiges Inferno verhindert. Seit Dezember 2007 wird der Fall im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts verhandelt. Die Urteilsverkündung ist für Ende November geplant.
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