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Versöhnungsprogramm in AfghanistanEx-Taliban werden zu Hilfspolizisten

Die Isaf erlaubt früheren islamistischen Kämpfern, sich einer lokalen Truppe von Ordnungshütern anzuschließen. Das verstößt jedoch gegen einen Beschluss der Regierung.

Im Einsatz: afghanische Polizisten vor der iranischen Botschaft in Kabul. Bild: dpa

KABUL/BERLIN taz | Im Gegensatz zu einem Beschluss der afghanischen Regierung erlauben die westlichen Isaf-Truppen in Afghanistan ehemaligen Taliban, sich einer neuen Hilfspolizeitruppe anzuschließen, der sogenannten Afghanischen Lokalen Polizei (ALP). Sie soll in Dorfgemeinschaften gebildet werden, die sich selbst gegen die Aufständischen wehren wollen.

Ein vom Westen vorangetriebenes Versöhnungsprogramm erlaubt es kapitulierenden Taliban, "nachdem ihre Dorfgemeinschaften ihnen vergeben haben, einen Beruf zu erlernen, etwa zu unterrichten oder der ALP beizutreten". Das sagte der Vizekommandeur des von einem deutschen General geleiteten Isaf-Regionalkommandos Nord in Masar-i-Scharif, US-Oberst Sean Mulholland, vergangene Woche einer US-Armeezeitung.

Das kann nur bedeuten, dass die Isaf entweder Kabuls Vorgaben ignoriert oder es eine stillschweigende Übereinkunft in Sachen ALP gibt. Für den Oberkommandeur aller ausländischen Truppen am Hindukusch, US-General David Petraeus, ist die Hilfspolizei ein Ansatz, der im Kampf gegen die Taliban "potenziell das Blatt wenden" kann. Kein Wunder: Petraeus formt die ALP nach dem Vorbild der "Söhne Iraks", ebenfalls einstige Aufständische, die nach Ansicht Washingtons dort mit al-Qaida aufräumten.

Auch ohne diese eklatante Verletzung des von den westlichen Regierungen viel beschworenen Prinzips der "afghanischen Führung" war die ALP bereits umstritten. Sie ist die vierte Formation, die seit 2001 der regulären afghanischen Polizei zur Seite gestellt wird.

Einen ersten Rückschlag gab es für die ALP im August 2010 in der nordafghanischen Provinz Baghlan. Damals "versöhnte" sich eine lokale Aufständischengruppe, die mit den Taliban rivalisierte. Die rächten sich, und in Kämpfen starb ein deutscher Soldat, 14 wurden verletzt.

Deshalb geht der ALP-Aufbau normalerweise ohne viel Reklame vonstatten. Heute weiß niemand, wie viele ALP-Kämpfer es gibt, in welchen Provinzen und wie viele ehemalige Taliban darunter sind. Im Norden sind laut Mulholland bisher 540 Taliban übergelaufen, aber nur "ein niedriger Prozentsatz" von ihnen sei in die ALP integriert worden. Klar ist nur, dass die ALP unter Mitwirkung der Special Forces aufgebaut wird, die jedoch keine Waffen an sie verteilen dürfen. Auch der afghanische Geheimdienst mischt mit. Zudem gibt es in Nordafghanistan bereits freischaffende Milizen, die sich einfach als ALP deklarierten.

Seither wird immer wieder von Kämpfen zwischen rivalisierenden "regierungstreuen" Milizen berichtet, davon, dass sie eigenmächtig "Steuern" erheben und gelegentlich auch wieder zurück zu den Taliban gehen.

Eigentlich sollen der Aufbau und die Bewaffnung der ALP Aufgabe des afghanischen Innenministeriums sein, das landesweit für 10.000 Hilfspolizisten plant. Aber sein Sprecher wusste bei taz-Anfrage am Sonnabend nichts von Mulhollands Aussagen und bestand darauf, dass die ALP für Taliban nicht offen sei.

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2 Kommentare

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  • OS
    Otmar Steinbicker

    Lokalmilizen, das war auch schon zu Zeiten der Sowjets das letzte Aufgebot. De facto wurden und werden damit Bürgerkriegsformationen geschaffen.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Super, die Amis sind ja Profi darin ihre zukünftigen Feinde selbst auszubilden.