Vermasseltes Verkehrsprojekt: Tramageddon in Edinburgh

Roland Kochs neuer Arbeitgeber, der Baukonzern Bilfinger Berger, macht sich in Schottland unbeliebt. Der Bau einer Straßenbahn kommt nicht voran, die Kosten explodieren.

So was wird's in Schottlands Hauptstadt vielleicht nie geben. Bild: photocase/simpix

DUBLIN taz | Es gibt kaum ein Großprojekt, an dem der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger nicht beteiligt ist. Sei es der Gotthard-Tunnel, ein Knast bei Magdeburg, eine Europastraße in Norwegen, eine Mautbrücke in Kanada oder ein Atomkraftwerk in Finnland - das Mannheimer Unternehmen, bei dem der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) im Juli Vorstandschef wird, ist immer dabei. Manchmal geht aber auch etwas schief, wie beim Bau der Straßenbahn in der Edinburgh.

Eigentlich sollte die Bahn im nächsten Sommer auf der 18,4 Kilometer langen Strecke zwischen Flughafen und Hafen rollen, gut 50 Jahre nachdem die alte Straßenbahn stillgelegt und die Schienen herausgerissen wurden. Doch daraus wird nichts. Die auf ursprünglich 545 Millionen Pfund veranschlagten Kosten sind explodiert, der im Juni 2008 begonnene Bau hat sich immer wieder verzögert und ruht zurzeit. Bilfinger Berger und der Stadtrat von Edinburgh streiten sich vor Gericht.

Es geht unter anderem um die Frage, wer für die Verzögerung aufgrund der notwendigen Verlegung der Rohre für Gas, Wasser, Telefon und Strom zahlen muss. Bauarbeiter fanden Rohre, wo sie niemand erwartet hatte, weil die Aufzeichnungen offenbar fehlerhaft waren. Selbst die Statue des Meisterdetektivs Sherlock Holmes musste umquartiert werden.

Die Scottish National Party (SNP), die in Schottland mit einer Minderheitsregierung an der Macht ist, hatte von Anfang an vor dem "Projekt der Eitelkeit" und der Verschwendung von Steuergeldern gewarnt, konnte sich aber nicht durchsetzen, weil die Mehrheit im Stadtrat dafür war. Nun steht man vor einem Scherbenhaufen. Es gibt zwar mehrere Möglichkeiten, aber sie sind allesamt teuer: Man könnte weitere 55 Millionen Pfund zuschießen und hoffen, dass es damit genug ist. Man könnte die Strecke in verschiedenen Phasen eröffnen, wobei zu befürchten ist, dass nach der ersten Phase vom Flughafen bis an die Stadtgrenze Schluss ist, weil das Geld dann aufgebraucht ist. Oder man könnte, wie es die SNP vorschlägt, ein Referendum abhalten und das ganze Projekt stoppen.

Experten glauben, dass der Stadtrat demnächst den Vertrag mit Bilfinger Berger kündigen wird. Aufgrund des neuen Rechtsstreits, der dann unweigerlich folgen würde, könnte man mit der Straßenbahn in diesem Jahrzehnt nicht mehr rechnen. Die schottischen Zeitungen sprechen jetzt schon von einem "Tramageddon", und zu allem Überfluss ist vor kurzem der Vorsitzende von Edinburgh Trams, David Mackay, zurückgetreten. Er bezeichnete das Straßenbahn-Projekt als "Hölle auf Rädern".

In einem Interview mit der Zeitung Scotsman sagte er: "Bilfinger Berger ist ein verbrecherisches Bauunternehmen, das ein Opfer gewittert hat. Der Konzern hat wahrscheinlich ein Angebot weit unter Wert abgegeben und benutzt den Vertrag, um der Stadtverwaltung das Leben äußerst schwerzumachen." Die Deutschen, so sagte Mackay, hätten versucht, "jeden Pfennig aus uns herauszupressen".

16 der 27 bestellten Straßenbahnen sind von der baskischen Firma CAF fertiggestellt und werden von Siemens getestet. Bis die Strecke in Edinburgh fertig ist, werden sie wohl verrostet sein.

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