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Verlage planen Bezahlinhalte im WebSpringer macht den Auftakt

Die Zeitungen "Bild" und "Welt" für Geld auf dem Handy: Der Axel-Springer-Verlag startet eine Initiative für Bezahlinhalte. Doch ob die Leser anbeißen werden, ist fraglich.

Die Bild-App kostet für die ersten 30 Tage 79 Cent - dann wirds teuer. Bild: screenshot App-Store

BERLIN taz Aufregung im Axel-Springer-Haus in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße: Am Mittwoch stellten die Manager des Verlagsriesen endlich ihre lang angekündigte "Paid Content"-Initiative vor. Damit sollen aus Lesern im Internet, die bislang alle Inhalte gratis konsumieren, zahlende Kunden werden. Verlegerboss Mathias Döpfner treibt das Projekt schon seit Monaten um, sein "Außenminister" Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer mit dem schönen Titel "Head of Public Affairs", verkündete erst am Montag in der "New York Times", die "Kostenlosphilosophie" müsse aufgegeben werden. "Eine hoch industrialisierte Welt kann nicht von Gerüchten leben. Sie braucht Qualitätsjournalismus, und der kostet Geld."

Die neue Springer-Offensive hat mehrere Speerspitzen. Die wichtigste sind kostenpflichtige Anwendungen für Apples "Wunderhandy" iPhone, die künftig für die Titel "Welt" und "Bild" verkauft werden. 1,59 Euro soll es künftig pro Monat kosten, um das Boulevardblatt multimedial mit Bildern und Videos auf dem Handy zu lesen, 2,99 Euro werden für die "Welt" fällig. Zusätzlich verkauft Springer auch noch die jeweils nächste Ausgabe der Zeitung am Tag vorher als Computerdatei (PDF) - dann sind die Abos für 3,99 Euro ("Bild") und 4,99 Euro ("Welt") zu haben. Das geplante Abomodell verlangt allerdings die Mitarbeit der Nutzer: Die müssen alle 30 Tage neu bestätigen, dass Springer die Monatsgebühr von ihrer Kreditkarte einziehen kann, die in Apples Programmladen für das iPhone hinterlegt ist. Außerdem kann man auch auf dem Handy "Bild" und "Welt" weiterhin kostenlos lesen, wenn man die eingebaute Internet-Browser-Software nutzt. Die geplante Surfsperre für das Gerät will Springer nämlich zunächst nicht umsetzen.

Speerspitze Nummer zwei im neuen Paid Springer-Universum sind kostenpflichtige Inhalte direkt im Netz. So ist geplant, die Regionalteile von "Berliner Morgenpost" und "Hamburger Abendblatt" nur noch gegen Bezahlung anzubieten. Laut dem Fachdienst "Meedia" soll eine "Flatrate" für diese Neuigkeiten, die in Berlin beispielsweise der öffentlich-rechtliche RBB oder der konkurrierende "Tagesspiegel" weiter gegen GEZ-Gebühr bzw. kostenlos liefern, 5 Euro pro Monat kosten. Auch Archivinhalte soll es nur noch gegen Bezahlung geben. Ein Micropayment, also die Bezahlung pro Artikel, sei zunächst nicht geplant.

Hieß es viele Jahre lang, Nutzer würden für Inhalte im Netz schlicht nichts zahlen und die Werbefinanzierung wie beim Privat-TV sei das einzig Richtige fürs Geschäft, fährt nun die ganze Branche unter Volldampf in die entgegensetzte Richtung. So hatte die "New York Times" zwischen 2005 und 2007 ein mit rund 225.000 Abonnenten durchaus erfolgreiches Bezahlmodell eingeführt, bei dem die viel gelesenen Kolumnistenstücke hinter einer "Pay Wall" verschwanden. Es wurde eingestellt, weil angeblich zu viele Werbekunden absprangen. Heute überlegt die von Schulden gebeutelte Redaktion, wie sie ihre Internet-Leser mit "Premium Services" wieder zu direkt zahlenden Kunden macht - beispielsweise durch Spezialveranstaltungen mit Promis für Mitglieder oder einem direkten Draht zu den Journalisten gegen Monatsgebühr.

Auch Rupert Murdoch von der News Corporation, dem konservativen australoamerikanischen Verlegerriesen, der heute zu den größten Bezahlinhalte-Schreiern gehört, erwog nach Übernahme des "Wall Street Journal" im Jahr 2007, dessen Paid-Content-Service einzustampfen, um mehr Leser ("Eyeballs") für Werbungtreibende zu gewinnen. Dabei galt der mit einer Million Abonnenten und Preisen von 120 Dollar im Jahr als echte Cashcow. Inzwischen will Murdoch auch bislang freie Zeitungen wie die "Times" oder die "New York Post" kostenpflichtig machen und von Google Geld wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen sehen.

Springers neue Bezahl-Initiative ist nur der Auftakt. Andere Verlage planen ähnliche Projekte. So will etwa die MDS-Gruppe mit "Frankfurter Rundschau", "Berliner Zeitung" und "Kölner Stadtanzeiger" Bezahldienste einführen, eventuell sogar pro abgerufener Seite, wie der neue starke Mann im Verlag, Verlegersohn Konstantin Neven DuMont, in Interviews ankündigte.

Noch ist allerdings völlig unklar, wie die Leser reagieren werden. Studien ergaben, dass schlimmstenfalls nur 10 Prozent der Nutzer bereit sind, kleine Beträge für Internetinhalte zu bezahlen. Zumal es längst außerhalb der Verlage alternative Nachrichtenquellen wie Weblogs oder den Kurznachrichtendienst Twitter gibt. Die könnten die professionellen Inhalte der Verlage jedoch nicht ersetzen, glauben diese. Für die Journalisten erhöht sich unterdessen der Druck: Sie müssen wegen der in der Medienkrise vorgenommenen Entlassungswellen in immer kleineren Redaktionen immer mehr arbeiten.

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17 Kommentare

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  • N
    Netzzahler

    Wieder einer die versuchen das Netz zur Geldmaschine zu machen. Ok, auch Information kost Geld und die Zeitung (auch die TAZ) auf Papier kostet Geld. genau das ist das Problem z.B. für einen Hartz 4er. ich kaufe mir keine Zeitungen, wenn dann les ich in der Bücherei. Sorry für diese geschäftsschädigende Aussage nur mit Hartz 4 kannst dir Zeitungen eben nicht mehr leisten.

    Und online? Da zahl ich 1€ /St im Internetcafe. reicht s nicht? Noch mehr zahlen? Für den Infomüll mit den man das Hirn zu.... ok, ist ja ab und an auch Brauchbares zu finden.

    Trotzdem, Hartz 4er sind die Allerletzten die sich noch Extragebühren leisten könnten. Und der Rest sollte da eh nicht mitmachen. Niemand hat die Zeitungen gezwungen ihre Inhalte ins Netz zu stellen. Der Privatuser der eigene Inhalte auf seiner Seite veröffentlichet (egal wie bedeutend, teils auch mit viel Arbeit, Sachkenntnis und Idealismus erstellt) wird ja auch nicht bezahlt. Im Gegenteil , er zahlt noch Onlinegebühren.

  • AD
    Axel Dörken

    Wie altbacken wirkt das auf mich?

     

    Ich glaubte doch tatsächlich etwas von "Bildung für alle" gehört und gelesen zu haben.

     

    Hier lese ich Informationsmonopol für die, die es sich leisten können.

     

    Das erachte ich als krankhaft. Die Symptome sind: Weigerung der Teilhabe am Gesellschaftsmodell. Die Folgen können sein: Ausuferung der Gewalt und im Extrem Krieg und Volksaufstände.

     

    doch die dürfen ja neuerdings per Waffengewalt niedergemäht werden.

     

    Passt schoh, odr?

  • R
    rst23

    Drei bitterböse Kommentare bis kurz nach drei und dann war wohl Redaktionsschluss im Axel-Springer-Haus?

  • ZD
    zeitungen die über Hass Kundenbindung erzeugen...Abschaffen

    Die Artikel der Weltzeitung sind meist

    unseriös.

    So zum beispiel das Gewetter gegen den Osten

    oder den Islam wo die Springerpresse

    bewusst auf Vorurteile schührt um die Leser zu binden.

     

    Wenn die Bezahlnachrichten machen gehen die Pleite

    und die Welt kann in Frieden leben.

     

    Mann sollte mal errechnen wieviel schaden

    die SpringerPresse für die Intgegration,

    den Landesfrieden und die toleranz,

    in unseren Land gebracht hat.

     

    PFUI WEG DAMIT!

  • E
    Edelweiß

    Wer zahlt denn schon für den Springerschund, so blöde können nicht mal die Stammleser sein.

  • V
    vic

    Geld für Scheiße auszugeben. Nie war es leichter.

  • E
    emee

    Ich fand den Artikel interessant, hätte ihn aber eher in der w&v vermutet, die ich aus beruflichen Gründen lese. Auch die taz hat mit der kostenlos-Mentalität im Internet zu kämpfen und muss sehen, dass sie wirtschaftlich arbeitet und trotzdem Qualitätsjournalismus liefert. Von daher sollte man diese Aktionen der genannten Verlage nicht verteufeln. Ich bin jedenfalls gespannt, ob sie damit erfolgreich sind.

  • O
    opensource

    @zwille

    Auf welchen Artikel beziehst du dich? Hier war nicht von "Abzocke" die Rede sondern davon, dass kostenpflichtige Internetangebote von Benutzern gemieden werden. Diese Erfahrung mussten schon Betreiber von Mitfahrzentralen, Beratungen, Online-Spielen und Informationsdiensten machen. Es würde mich nicht wundern wenn bald auch die entsprechende Abteilung im Hause Springer dumm aus der Wäsche schaut.

  • S
    schankee

    also ich weiss ja nicht wies euch geht, aber ich bin eigentlich ganz froh dass ich die taz täglich und kostenfrei im netz lesen kann...

    ist auch meine einzige möglichkeit, da ich kaum glaube dass die taz in südamerika erhältlich ist

    verstehe nicht so recht was es jetzt auf einmal daran zu meckern gibt...

    gruss

  • S
    Sim

    hmm.. wissen für Geld is ja eigentlich ne Scheiß Sache, aber wenn nur Bild was kostet, dann ists cool..ha..:)!

  • DV
    Daniel V.

    Der Springer-Verlag macht sicherlich viel Unanständiges und Kritikwürdiges, aber bei der Vermarktung journalistischer Inhalte neue Wege zu beschreiten, halte ich zumindest für "interessant". Für die Spinger-Angebote werde ich natürlich nichts zahlen, doch auf Dauer wird ernstzunehmender, tiefgründiger Journalismus nur überleben können, wenn Benutzer auch wieder zur Refinanzierung beitragen.

     

    Ich habe keine Lust, in zehn Jahren zwischen zwei kostenlosen Zeitungen mit abgeschriebenen Agenturmeldungen auswählen zu müssen, während professionelle Journalisten mehrheitlich den Beruf gewechselt haben. Deshalb ist das "paid content" Modell prinzipiell sinnvoll. Heißt ja nicht, dass plötzlich alle Artikel kostenpflichtig sein müssen.

  • AB
    André B.

    Solides Preis-Modell. Für ~5 Euro die Tageszeitung im Monatsabo als PDF - ich finde das gut (allerdings muß es weder "BILD", noch "Die Welt" sein)!

     

    PDF's schonen die Wälder und das Ab-/Grundwasser, sind gut zu archivieren, durchsuchbar...

     

    ...

     

    Das ist so eins der Dinge, die haben wir 98/99 schon beim WK und der NWZ versucht anzuschieben - aber die Papiergeier der BTAG hielten das natürlich für Unsinn und haben statt in die Internet-Redaktion lieber in die Akquisiteure "investiert", bis auch der letzte von den Klinkenputzern einen A4+ als Dienstwagen hatte - damit sie Bäcker Blume und Metzger Meier für teures Geld mittelmässig inhouse designte Websites ohne nennenswerte Funktionalitäten verkaufen konnten.

     

    Mit dem Platzen der Internet-Blase V1.0 anno 2000 war dann auch Zapfenstreich in der Online-Redaktion, schließlich war der Geschäftseinbruch ja nicht auf die verfehlte Strategie der Firmenleitung zurückzuführen, nein nein...

     

    Erinnert mich gerade irgendwie an die Netzeitung... da sitzt auch so ein Haufen Kompetenzbestien im Vorstand des Mutterhauses.

  • M
    Micha

    Skandalös finde ich weniger Springers Pläne, sondern die Anzeige für den Medienkongress der Linken in der Mitte des Artikels. Warum lasst ihr euch mit einer Partei ein? Ich liebe euch, wenn ihr unabhängig seid. Nicht, wenn ihr euch von einer Partei sponsern lasst. Es ist eh schon auffällig, wie diese Partei und ihre Ansichten von euch gestreichelt werden. So verliert ihr euer Ansehen!

  • L
    Lily

    Ja, bezahlt für eure eigene Verar.... (zensiert). Aber wird denn so blöd sein, für Promi- und Sensationsberichte zu bezahlen? Für die Meinungen von Politikern und anderen Lobbyisten? Obwohl, einige sind vielleicht schon so weit. Wenn dann noch ein bisschen mit nackten Mädchen gelockt wird, vielleicht klappt's mit der weiteren BILDung.

  • RS
    ROTE SOCKEN

    permanent am existenzlimit rumkrebsen, von diekmanns kohle leben, dessen pimmel an die fassade klatschen, und dann blöde polemik spreaden: die taz muss einfach nicht mehr sein. ihr könnt es einfach nicht mehr, löst euch doch einfach auf. besser ein ende mit schrecken, als ein schrecken ohne ende

  • VB
    Victor Becker

    Schade...da hofft man bei dieser Überschrift auf ein weiteres Argument in der ewigen Liste um gegen Springer zu sprechen und dann sowas...mal ehrlich, da sind Abos für Klingeltöne im Fernsehen regelrechtes Organisiertes Verbrechen im Vergleich!

  • Z
    zwille

    Wieso sind 5 Euro im Monat (mal unabhängig von der Qualität der Zeitungen) denn jetzt plötzlich Abzocke? Weil die Print-Ausgabe monatlich ein Mehrfaches kostet? Weil so für mehr Geld mehr Papier verbraucht wird? Ist das besser?

     

    Für mich klingt diese Meldung nach der üblichen Print-Panik vor Online-Inhalten, allerdings hätte ich so was nicht von der taz erwartet!