Verkaufsoffener Sonntag : Schwielen vom Tütenschleppen
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Wir steigern das Bruttosozialprodukt – nicht etwa durch mehr Arbeit, sondern indem wir mit schwieligen Händen Einkaufstüten nach Hause tragen. Der Senat macht es möglich, indem er uns Konsumenten auch am Sonntag von der Kette lässt. „Stärkung der Binnennachfrage“ ist das Zauberwort.
Kommentarvon Gernot Knödler
Ironischerweise setzen Wirtschaftssenator Gunnar Uldall und Kollegen dabei auf die gleiche Politik wie die Gewerkschaften, die aus guten Gründen strikt gegen die Sonntagsöffnung sind. Die Gewerkschaftsposition ist zwar kaum Erfolg versprechend aber wenigstens in sich schlüssig: Gebt den Leuten mehr Geld, dann können sie auch mehr kaufen und die Konjunktur springt an. Die Idee, durch längere Ladenöffnung den Konsum zu steigern, ist dagegen Unsinn. Die Leute haben zwar mehr Zeit zum Geldausgeben, aber nicht mehr Geld in der Tasche.
Von besonderem Übel ist die Sonntagsöffnung: Menschen die arbeiten müssen, wenn andere frei haben, fallen für gemeinsame Ausflüge aus. Der Zusammenhalt leidet. Es wird keinen Tag mehr in der Woche geben, an dem Ruhe herrscht. Was kommt, ist neuer Stress. Man könnte ja mal dieses oder jenes besorgen. Das heißt: in die Stadt hetzen, Preise vergleichen, quengelnde Kinder beruhigen. Die Seele baumeln lassen, ist was anderes.