Vergewaltigung: Lasst Euch nicht K.o.-Tropfen!

Die Verbreitung der Droge GHB nimmt zu. Vergewaltiger machen damit Frauen gefügig, Techno-Fans putschen sich mit ihr auf. Ein Netzwerk von Beratungstellen will Opfer, Ärzte und die Polizei aufklären.

Echte Partystimmung, hier ganz ohne K.o.-Drogen Bild: Poolski/CreativeCommons BY 2.0 US

Ein Netzwerk von Frauenberatungsstellen in Berlin plant eine Kampagne gegen die Partydroge GHB, mit deren Hilfe Vergewaltiger ihre Opfer gefügig machen. "Wir wollen Frauen ermutigen sich zu melden, wenn sie Opfer geworden sind", sagt Simone Kirchner vom Familienplanungszentrum Balance. "Und wir wollen Ärzte und Lehrer für das Thema sensibilisieren, damit sie richtig reagieren." Auch Disco-Betreiber gehen inzwischen gegen den Stoff vor, weil viele Partygäste nach einer Überdosis GHB zusammenklappen.

Gamma-Hydroxybuttersäure ist seit rund zehn Jahren in der Techno-Szene bekannt. Eine europaweite Studie verzeichnet einen "erheblichen Anstieg" des Konsums. Der Stoff ist seit dem Jahr 2002 verboten, aber in Laboren leicht und billig herzustellen. Die Droge ist flüssig, durchsichtig und schmeckt leicht salzig.

GHB wirkt euphorisierend und sexuell anregend. In einem Blog wird empfohlen, es nur zusammen mit Leuten zu nehmen, "mit denen man eh Sex haben würde oder denen man vertrauen kann. Es macht nunmal fickerig und willenlos."

Das nutzen auch Vergewaltiger. Sie schütten unbemerkt einige Tropfen in das Getränk ihrer Opfer. Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber eine Reihe von Betroffenen haben sich inzwischen bei Beratungsstellen gemeldet. "Jeder einzelne Fall ist höchst dramatisch", sagt Simone Kirchner. Im Familienplanungszentrum Balance sind bisher zwei Fälle bekannt. Bei der einen Frau war der Täter der Nachbar, der zudringlich wurde und sie auf ein Getränk eingeladen hat. Die andere Frau wurde in der Disco von mehreren Männern angesprochen und wachte draußen vor der Türe mit zerrissenen Kleidern wieder auf.

Zur Polizei gingen beide Frauen nicht. Auch ins Beratungszentrum kamen sie erst, als sie schwanger wurden. Kirchner: "Die Frauen haben es verdrängt. Da war auch viel Scham, ob sie selbst zu der Tat mit beigetragen haben." Und zu alledem trübt GHB auch noch die Erinnerung. "Die Frauen waren sich nach der Tat selbst nicht ganz sicher, was da passiert war", so Kirchner.

"Bisher konnten wir noch keinen Fall einer Vergewaltigung unter GHB-Einfluss nachweisen", erklärt indes Polizeisprecherin Miriam Tauchmann. Das Problem: GHB lässt sich nur rund zwölf Stunden lang im Urin nachweisen.

Das ist die Crux mit dem Stoff: Das Dunkelfeld ist hoch. Es ist zwar bekannt, dass er als Vergewaltigungsdroge genutzt wird. Bei einem US-Amerikaner fand die Polizei Videos, die ihn beim Sex mit 13 unterschiedlichen, mit GHB gefügig gemachten Frauen zeigten. Aber nur eine davon hatte Anzeige erstattet.

Die im "Kontra K.o.-Drogen Netzwerk Berlin" zusammengeschlossen Beratungsstellen planen nun eine Aufklärungskampagne. Kirchner rät Frauen vor allem, auf ihre Getränke aufzupassen und vorsichtig zu sein. Nicht nur in der Disco: Auch auf Dienstreisen sei es schon zu Vergewaltigungen durch Kollegen aus der Firma gekommen.

Frauen, die sich an die letzte Nacht nicht mehr ganz erinnern können, sollten ihr Urin aufbewahren, "zur Not auch in einer Tupperdose im Kühlschrank", sagt Kirchner. Und sich zunächst beim Frauennotruf unter 030/2168888 melden, wo den Beraterinnen das Problem bekannt ist. Bei vielen Ärzten und auch bei manchen Polizeibeamten ist das bisher nicht der Fall, daher soll die Kampagne auch diese Zielgruppe erreichen.

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