■ Vergeblich konferierten die Justizminister der Länder: Von der Unmöglichkeit, Haschischkonsum zu verfolgen: Viel Rauch um nichts
Ein Gutes hat das Haschisch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts gehabt. Es tat zwar nicht den Grundsätzen der Verfassung Genüge, seine Bewertung der Schädlichkeit des Cannabis sorgte jedoch für jenes Mindestmaß an Ehrlichkeit, das es den verantwortlichen Politikern seitdem unmöglich macht, ihre Drogenbekämpfung als im Interesse der Betroffenen liegend zu kaschieren.
Allerdings birgt schon die Begründung jenes Dilemma in sich, an dem nun die Justizminister der Länder in ihrem Bemühen gescheitert sind, einheitlich die Dosis zu definieren, deren Genuß straffrei sein soll. Wenn der Stoff keinen Schaden in sich birgt, wie will man dann den Grenzwert festlegen, ab dem der nichtvorhandene Schaden so groß ist, daß er doch verfolgt werden muß? Die Vorstellungen der einzelnen Justizministerien sind denn auch von jener Präzision, mit der die Seldwyler seinerzeit in der Bootswand die Stelle markierten, an welcher sie die Glocke im See versenkt hatten.
Sämtliche Vorschläge, die im Vorfeld der Konferenz gehandelt wurden, ließen auf die Unvereinbarkeit von Recht und Praxis schließen. Liegt die geringe Menge zum Eigenverbrauch nun bei ein, drei oder zehn Gramm, bei einer Tagesdosis oder drei Konsumeinheiten, wie zum Schluß vorgeschlagen? Will man dem Grundsatz der Rechtsklarheit und -bestimmtheit Genüge tun oder der Konsumgewohnheit des jeweils Betroffenen?
Wo die Sache selbst kein Kriterium an die Hand gibt, exekutiert sich am Konsumenten das Verfolgungsbedürfnis einer Gesellschaft, die solchermaßen die eigenen latenten Begierden geißelt. Das sind in Wahrheit „die unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Bundesländern“, mit denen der Hamburger Justizminister Hardrath das Scheitern des Kompromisses begründete. Der Kiffer in Hamburg unterscheidet sich keinen Deut von seinem Bruder im Rausche aus München, nur hat jener das Pech, in einem konservativ-klerikalen Umfeld zu leben.
Da die Justizminister gescheitert sind, ist das Problem nun bei der Instanz, für die das Verfassungsgericht eigentlich hätte klare Vorgaben formulieren müssen: Nun wird der Gesetzgeber über die Legalität des Konsums weicher Drogen zu beraten haben. Dies hatte seinerzeit lediglich der Verfassungsrichter Sommer in seinem Minderheitenvotum gefordert, „um einen Verstoß gegen das Übermaßverbot zu beheben“. Nicht allein wegen dieser Weitsichtigkeit taugt Sommers Begründung als Richtschnur einer Neuformulierung. Das Mehrheitsvotum des Senats atmet, wie schon zuvor andere Karlsruher Sprüche, den Mief einer tagespolitischen Einmischung, die Bestehendes letztendlich nicht in Frage gestellt wissen will.
Demgegenüber ist darauf zu beharren, daß der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den das Verbot des Haschischkonsums bedeutet, zu legitimieren ist — und nicht umgekehrt. Insofern ist auch, dies nebenbei bemerkt, das Gerede von einem „Recht auf Rausch“ falsch und töricht, insinuiert es doch eine gesetzliche Einzelbefugnis, die gegen andere zu wägen sei, wo es schlicht um das Freiheitsrecht des Artikels 2 GG geht. Weil dem so ist, ist die Freigabe des Haschischkonsums eben nicht nur die Angelegenheit der zwei oder vier Millionen Kiffer im Lande oder der sie umschwirrenden Sozialarbeiter, die der Legalisierung allenthalben eine therapeutische Qualität zuschreiben. Es ist schlichtweg ein Anliegen all jener, die in ihrer freien Entfaltung vom Staat nicht mehr als erforderlich bedrängt sein wollen. Dieter Rulff
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