Vereinsliebe: Gegrölt und angekommen
Liebe und Leidenschaft empfinden Fans und Spieler für ihren Verein. In der fußballfreien Zeit wollen wir davon erzählen.
Der Gesang kommt von ganz tief unten, vibriert mit den Bässen aus den großen Boxen im Bauch und bricht sich dann als enthusiastisches Gegröle auf der Tanzfläche Bahn. Die Disco ist eine, in die man in Hannover eigentlich nicht geht. Kein linker Studentenklub, sondern ein Mainstreamladen im Rotlichtviertel mit fiesen Türstehern, über die es Gerüchte gibt, dass sie Migranten lieber nicht in den Klub lassen – die Sansibar am Steintor.
Als Studentin im ersten Semester habe ich mich ein, zweimal in diesen Laden verlaufen. Schon das Logo sieht aus wie ein schlechtes, von Ed Hardy inspiriertes Herzchen-Tattoo. „True Love“ steht darin, womit wir eigentlich mitten im Thema sind.
Denn eines gibt es, das die Partygäste – vom Wirtschaftsingenieur bis zum Kfz-Mechaniker oder dem Unineuling, wie mich – verbindet. Wenn „Alte Liebe“ aus den Boxen schallt, werden plötzlich alle ganz schrecklich rührselig. Da kann man entweder eine Ekelgänsehaut kriegen und sich innerlich distanzieren oder so betrunken sein, dass man mitmacht. Ich hatte getrunken.
Den kompletten Text kannten nur ein paar echte Fußballfans. „Zusammen sind wir groß und stark wie eine Wand“ – gesungen mit viel Pathos. Oder: „Du bist der Mittelpunkt in unserem Leben“, wer soll sich das merken? Für mich kam es nur auf den Refrain an: „96 alte Liiiiiiiiebe, düüüü düüüü düüü düüü düü düüüüüüüü“. Live war ich noch besser.
Und egal wie kitschig das Lied, wie mies die Gesellschaft derer, mit denen man gemeinsam grölte, ob Fußballfan oder nicht – irgendwie war man in Hannover angekommen. rea
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