piwik no script img

Archiv-Artikel

VON DER GEPLANTEN GESUNDHEITSREFORM BLEIBEN NUR DIE ZUMUTUNGEN Wer krank wird, hat Pech

Ja, schon gut, alles „Spekulation“, alles „noch nicht entschieden“. Nichts wissen wir nach über 50 Stunden Konsensverhandlungen zwischen Regierung und Opposition zur Gesundheitsreform – außer dem, was die so genannten Kreise verraten. Diese wiederum verraten nichts ohne die Absicht, die Medien zur Verstärkung ihrer Position zu instrumentalisieren. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass keine Information, die seit Beginn der Verhandlungen vor zwei Wochen als „Wahrheit“ gedruckt wurde, ohne Einschränkung gilt.

Dennoch steht bereits eines fest: Es bleibt wenig übrig vom Ursprungsgedanken der Reform, wonach Fehlsteuerungen und Fehlanreize im Gesundheitssystem abgeschafft gehören, um Geld freizusetzen für das, was notwendig ist. Alles, was einmal so gut klang – Qualitäts-Check für Medikamente, Entmachtung der Kassenärztlichen Vereinigungen und so weiter –, es dürfte aufs nächste Jahrtausend vertagt worden sein. Stattdessen bekommen die 72 Millionen gesetzlich Versicherten eine Reform, in der sie für die Behauptung zahlen, dass die Arbeitgeber erst Arbeitsplätze schaffen, wenn die Kassenbeiträge um 1,4 Prozent sinken.

Extraprämien für Krankengeld und vermutlich auch Zahnersatz, Arztgebühren und höhere Medikamentenkosten: All dies sind Ausgaben, von denen SPD wie Union meinen, ein Volk werde sie schon zahlen, das „Gesundheit“ ständig als sein höchstes Gut preist. Vermutlich haben sie sogar Recht damit – aber nur, weil sie selbst versäumt haben, darüber aufzuklären, wo im System Geld verschwendet wird und wo die Unmengen an Geld hingehören, die immerhin da sind.

Es kann nur noch Tage dauern, bis die Privatkassen auf die Idee kommen, Zusatzversicherungen für sämtliche Risiken anzubieten, die den gesetzlich Versicherten durch die Reform entstehen: „Angst vor Medikamentenkosten? Für fünf Euro im Monat sind Sie die Sorgen los!“ Sicherlich freut sich dann auch noch jemand, dass dank der Reform „neue Märkte“ entstehen. Mit optimaler Gesundheitsversorgung hat das alles nichts zu tun.

ULRIKE WINKELMANN