VERHALTENSSTUDIEN : Human Zoo
„Das gegenseitige Beknabbern dient der Fellpflege und dem sozialen Kontakt“, steht auf dem Schild vor dem Zebragehege. Es ist Sonntag und wir sind im Berliner Tierpark in Friedrichsfelde. „Jetzt hör endlich auf zu heulen, sonst gibt’s nachher kein Eis“, sagt die Frau in Jeansjacke zu ihrem weinenden Sohn. „Schau dir doch die Zebras mal genau an“, sagt der dazugehörige Vater, auf dessen Schultern ein Zweijähriger sitzt. Der weinende Sohn schaut kurz zu den Zebras, heult weiter und stürmt Richtung Raubtierhaus. „So ungeduldig“, sagt der Vater, entschuldigend zu uns gewandt. Die Mutter schnaubt.
Am Eingang des Raubtierhauses beobachte ich eine niedliche Salzkatze. Sie sitzt auf einem Baum und frisst etwas. Als ich genauer hinschaue, sehe ich, dass sie gerade den Kopf einer weißen Maus zerknackt.
Die Raubtierfütterung hat gerade begonnen und wir scharen uns mit vielen anderen Besuchern vor dem Jaguarkäfig. Eine Wärterin tritt vor und wirft dem Jaguar eine Hand voll toter Küken zu. Der weinende Sohn vom Zebragehege weint nun nicht mehr und leckt genüsslich an seinem Cornetto.
„Mama, was ist das für ein Tier?“, fragt ein kleines blondes Mädchen. Wir sind auf dem Weg zu den Affen. Auf dem Schild vor dem Gehege steht „Rothirsch“. Die ebenso blonde Mutter zeigt auf das Schild. Das kleine Mädchen sitzt im Bollerwagen, sie ist etwa fünf Jahre alt. Sie ruft noch mal: „Mama, was ist das für ein Tier?“ Die Mutter reagiert nicht und bleibt stumm. „Mama, was ist das für ein Tier? Mama!“ „Ein Rothirsch!“, brüllt nun die Mutter. Immer so ungeduldig, die Eltern.
Gegen Ende des Besuchs stehen wir vor dem Käfig der Japanmakaken. Drei Affenjunge turnen herum und spielen mit etwas. Es sieht aus wie ein Ball. „Ein toter Vogel“, ruft mein Freund. „Sie spielen Federball.“
MAREIKE BARMEYER