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Archiv-Artikel

VENEZUELA: DIE VORWÜRFE DER OPPOSITION SIND REINE TAKTIK Betrug an den Wählern

Laut „Haltet den Dieb!“ rufen und die geklaute Banane selbst in der Tasche zu verstecken – das ist dieser Tage der Lieblingssport der venezolanischen Opposition. Auch nach der zweiten Überprüfung der Ergebnisse des Referendums über die Absetzung von Präsident Hugo Chávez bleiben dessen Gegner standhaft: Weiterhin werfen sie ihm vor, er habe die Wahlen gefälscht, es ist sogar vom größten Wahlbetrug in der Geschichte des Landes die Rede. Wer solche Geschütze auffährt, muss eigentlich Beweise vorlegen.

Jedoch: Das, was die Opposition bislang vorgelegt hat, ist kaum mehr als eine Mischung aus Meinung, Indizien und Beschuldigungen. Das Gemeine am Wahlbetrug des Präsidenten, so meinen die Gegner von Hugo Chávez: Er war so perfekt, dass man ihn nicht beweisen kann. Chávez ist eben ein ganz gewiefter Hund.

Doch das natürlich ist zu wenig – und so entsteht der Eindruck, die eigentlichen Betrüger stünden in den Reihen der Opposition, die ihren Wählern etwas vormachen will. Oppositionspolitiker rufen „Wahlbetrug!“, obwohl das Ergebnis der Wahlen am Wochenende sowohl von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) als auch vom Carter Center als sauber bezeichnet wurde. Keiner der beiden Organisationen ist zu unterstellen, dass sie allzu große Freunde von Präsident Chávez sind.

Zudem sollte auch nicht vergessen werden, dass die OAS und das Carter Center überhaupt erst auf Bitte der Opposition nach Venezuela gekommen waren. Sowohl die Regierung als auch ihre Gegner haben vor den Wahlen unterschrieben, dass sie die Ergebnisse akzeptieren würden, wenn sie von den beiden Beobachterdelegationen bestätigt würden. Das ist geschehen, nur: die Opposition ist weiterhin taub für Gegenargumente.

Kaum zu glauben, dass die Oppositionspolitiker das tatsächlich ernst meinen. Tun sie das tatsächlich, spricht das nicht unbedingt für ihren Realitätssinn. Vielmehr ist hinter dem Betrugsvorwurf eine bewusste Taktik zu vermuten.

Die venezolanische Opposition hat Plan B aktiviert: Sie hat bei dem Referendum verloren, das ist nicht mehr zu ändern. Jetzt geht es darum, das Referendum zu diskreditieren. Nur: Wer Präsident Hugo Chávez aus dem Amt kippen will, der muss ihm seine demokratische Legitimierung nehmen. Ist er erst einmal ein unrechtmäßiger, weil durch Betrug im Amt bestätigter Präsident, dann liegt der Schluss auf der Hand: Der Mann ist ein Diktator.

Aber genau das ist Hugo Chávez nicht. Als Präsident hat sich dem demokratischen Prozess unterworfen, ein Referendum abgehalten und gewonnen. Und das macht ihn zum rechtmäßigen Staatsoberhaupt Venezuelas. INGO MALCHER