Uwe Krupp über die Kölner Haie: „Gute Spieler machen gute Coaches“
Uwe Krupp über den Playoff-Start in der Eishockey-Liga DEL, die Herausforderungen als Vereinstrainer, die Titelchancen der Haie und seine kölsche Identität.
taz: Herr Krupp, Sie sind in Ihrer zweiten Saison bei den Kölner Haien zum Trainer des Jahres in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gewählt worden. Toll, oder?
Uwe Krupp: Es ist ein besonderes Gefühl, Anerkennung für unsere Arbeit als Trainerteam von den Kollegen und Managern aus der DEL zu bekommen. Mein Co-Trainer Niklas Sundblad hat großen Anteil an unserem Erfolg, unsere gesamte Sportliche Leitung. Der wichtigste Punkt ist aber: Gute Spieler machen gute Coaches, und wir haben eine gute Gruppe zusammen.
Sie haben die DEL-Hauptrunde mit Köln auf Platz zwei abgeschlossen, punktgleich mit Spitzenreiter Mannheim. Hätten Sie vor der Saison geglaubt, dass es so gut laufen würde?
Es ist immer schwer abzuschätzen, da die Mannschaften leistungsmäßig nah beieinander liegen. Ich habe damit gerechnet, dass Mannheim oben ist, dass Berlin oben ist, Ingolstadt, Hamburg. Und dass wir hoffentlich in diesem Mix mit drin sind. Es hat gut geklappt, wir haben eine gute Hauptrunde gespielt.
Im letzten Jahr kamen die Haie über die Pre-Playoffs ins Viertelfinale und scheiterten in vier Spielen an Berlin. Vor der Saison soll es ein Gespräch mit den Haie-Gesellschaftern gegeben haben, die fragten, was man tun müsse, um diesmal Meister zu werden. Ist das wahr?
Ja, so ungefähr. Sie waren zufrieden mit der Art, wie unsere Mannschaft gespielt hatte, und mit der Resonanz der Fans in Köln. Die Frage war: Was müssen wir tun, um den nächsten Schritt zu machen? Wie können wir uns verbessern, damit wir eine Chance haben, das Viertelfinale zu gewinnen? Wir mussten dafür die ein oder andere Personalentscheidung treffen.
Der 47-jährige gebürtige Kölner hat zweimal den Stanley Cup gewonnen, 1996 mit Colorado Avalanche und 2002 mit Detroit. Über 800 Spiele hat er in der nordamerikanischen Profiliga NHL absolviert. Im Dezember 2005 übernahm er das Amt des Bundestrainers. Im Sommer 2011 wechselte Krupp als Trainer und Manager zu den Kölner Haien, für seine Arbeit dort wurde er jüngst zum „Trainer des Jahres“ von der DEL gewählt.
Mussten Sie nicht auch mehr Geld für das neue Personal ausgeben?
Ja, es waren aber nicht nur finanzielle Entscheidungen. Wir hatten Spieler, die wollten langfristige Verträge, sie waren aber Leistungsträger in Zeiten, in denen die Haie zwischen dem zehnten und dem 14. Platz standen. Wir wollten frischen Wind hineinbringen und haben das Team umgekrempelt.
Bei den Neueinkäufen hatten sie eine brillante Quote: Alle sieben haben eingeschlagen, Ihr schwedischer Verteidiger Andreas Holmqvist ist zum Spieler des Jahres gewählt worden.
Dazu gehört natürlich auch Glück. Wir konnten die Mannschaft schon früh zusammenstellen. Das hat geholfen. Und wir wussten, was wir wollten: Vor allem in der Offensive wollten wir besser werden.
Die Play-offs: Am Mittwoch beginnt das Viertelfinale der DEL-Playoffs. Hier spielt Mannheim gegen Wolfsburg, Berlin gegen Hamburg, Köln gegen Straubing und Krefeld gegen Ingolstadt. Wolfsburg und Straubing haben sich in den sogenannten Pre-Play-offs in jeweils einer Best-of-Three-Serie gegen Augsburg und Nürnberg durchgesetzt.
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Die Favoriten: Zwei Teams haben in der regulären Saison dominiert – Mannheim und Köln. In den vergangenen fünf Spielzeiten wurden aber die Eisbären Berlin viermal Meister. Das Team aus der Hauptstadt befindet sich jetzt auch wieder im erweiterten Favoritenkreis. Die Berliner haben im Übrigen auch den besten Zuschauerschnitt der Liga mit 14.034 zahlenden Fans vor Köln (12.199) und Mannheim (10.796).
Bevor Sie zu den Haien kamen, waren Sie sieben Jahre Eishockey-Bundestrainer. Was haben Sie dazugelernt im neuen Job?
Es ist gibt Unterschiede. Die Nationalmannschaft spielt fast immer aus einer Außenseiterposition. Damit hast du eine andere Spielauslegung als mit einem Team, das du zusammenstellst, und du sagst: Wir haben mehr Talent als die anderen Teams – oder zumindest als einige andere.
Macht es mehr Spaß, nicht mehr der Coach eines Underdogs zu sein?
Es macht mir grundsätzlich mehr Spaß, eine Mannschaft zu haben, die sich Torchancen erspielen kann – anstatt zu hoffen, dass der Gegner mal einen Fehler macht. Du bist mehr am Drücker, das ist auch für die Spieler besser.
Nach der guten Hauptrunde wird in Köln jetzt in den Playoffs viel von den Haien erwartet, stört Sie das?
Nein, in Köln tendieren die Sportfans recht schnell zu hohen Erwartungen, aber in diesem Jahr ist das etwas Positives, weil wir uns diesen Optimismus verdient haben. Wir wissen, wie schwer es wird, im Viertelfinale gegen Straubing zu bestehen. Es ist ein starker Gegner, der Augsburg niedergekämpft hat und die Pre-Playoff-Serie verdient gewonnen hat.
Sie haben 20 Jahre in Nordamerika gelebt und in der NHL gespielt, sind aber gebürtiger Kölner. Als Haie-Trainer bekommen Sie es mit kölscher Folklore zu tun. Wie verkraften Sie das?
Das macht mir nichts aus, ich sehe das als einen Teil meines Jobs an. Ich versuche, die Kölner Haie so gut wie möglich zu repräsentieren. Bei allem Spaß würde ich allerdings nichts machen, was ich nicht machen möchte.
Sie treten rational und pragmatisch auf. Als Sie damals zurück nach Deutschland kamen, sprachen Sie Deutsch mit starkem amerikanischem Akzent. Es wirkt seltsam, wenn man versucht, aus Ihnen das Kölsche herauszukitzeln.
Es ist ganz klar, dass ich Kölner bin. Meine Freunde, die Leute, mit denen ich aufgewachsen bin, die wissen das. Ich war zwar lange weg, aber in Köln wirst du ganz schnell reintegriert und ein textsicherer Sänger von Karnevalsliedern.
Könnten Sie tatsächlich „Mer losse d’r Dom in Kölle“ singen?
Klar, das habe ich als kleines Kind gelernt. Meine Großeltern hatten ein Farbengeschäft auf der Severinstraße, zwei Häuser neben der Familie Niedecken. Ich bin komplett kölsch, aus dem urigsten Teil von Köln. Deshalb ist mir das Emotional-Euphorische der Kölner auch nicht fremd. Man muss nur beobachten, wie meine Mutter bei einem Spiel mitfiebert, dann weiß man, aus welcher Ecke ich komme. Das andere habe ich mir antrainiert.
Fällt es Ihnen schwer, sich zusammenzureißen?
Mittlerweile nicht mehr. Ich versuche meine Reaktionen und Emotionen während meiner Arbeit mit der Mannschaft durch einen Filter zu werfen, der nur das durchlässt, was dem Team oder dem Spieler nach meinem Ermessen hilft, die beste Leistung abzurufen. Mir als Spieler hätte es nicht geholfen, wenn ich einen hysterischen Choleriker hinter der Bank gehabt hätte.
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