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Urteil des Europäischen GerichtshofesKeine Patente auf Stammzellen

Menschliche embryonale Zellen dürfen nicht für die Forschung patentiert werden, hat der EuGH entschieden. Das Gericht legte den Begriff "Embryo" weit aus.

Verlor sein Patent auf nervliche Vorläuferzellen: der Forscher Oliver Brüstle. Bild: dpa

LUXEMBURG dpa | Menschliche embryonale Stammzellen können nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht für die wissenschaftliche Forschung patentiert werden. Wenn für deren Gewinnung Embryonen zerstört werden, verstoße dies gegen den Schutz der Menschenwürde, entschieden die Richter in Luxemburg. (Rechtssache: C-34/10).

Das Grundsatzurteil beschränkt damit die Verwendung dieser Zellen für Forscher. Allerdings halten die Richter es für möglich, dass die Nutzung für eine Therapie oder Diagnose zum Nutzen des Embryos - zum Beispiel bei Missbildungen - Gegenstand eines Patents sein könnte.

Die Entscheidung gilt für Patente auf embryonale Stammzellen sowie auch für die Verfahren zu ihrer Herstellung. Die Nutzung embryonaler Stammzellen ist äußerst umstritten, weil sie aus frühen Embryonen stammen, die bei der Gewinnung zerstört werden.

Begriff Embryo "weit auszulegen"

Nach Ansicht des Gerichts verstößt dies gegen die guten Sitten, weil es sich auch bei befruchteten Eizellen rechtlich um Embryonen handle. "Der Begriff des menschlichen Embryos ist weit auszulegen", schreiben die höchsten EU-Richter in ihrer Begründung.

Hintergrund der Klage war ein Patentstreit zwischen der Umweltorganisation Greenpeace und dem Bonner Neurobiologen Oliver Brüstle. Brüstle ist Inhaber eines 1997 angemeldeten Patents für nervliche Vorläuferzellen. Diese werden zur Behandlung neurologischer Krankheiten wie Parkinson oder Multiple Sklerose erprobt.

Die Vorläuferzellen, aus denen sich dann Nervenzellen bilden, stellt Brüstle aus embryonalen Stammzellen her. Auf Klage der Umweltorganisation Greenpeace hatte das Bundespatentamt dieses Patent wegen ethischer Bedenken aufgehoben.

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3 Kommentare

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  • IN
    Irene Nickel

    Embryonale Stammzellen "für die wissenschaftliche Forschung" - das hört sich so kühl und emotionslos an. Als ginge es bei dieser wissenschaftlichen Forschung nicht darum, schwerkranken Menschen Hilfe zu bringen. Zur Entwicklung wirksamer Therapien sind embryonale Stammzellen besser geeignet als erwachsene Stammzellen. Ohne Forschung an embryonalen Stammzellen muss es länger dauern, bis wirksame Stammzellentherapien entwickelt worden sind. Das heißt: In der Zwischenzeit müssen diese Therapien schwerkranken Menschen vorenthalten werden.

     

    Wie kann man nur so mit schwerkranken Menschen umgehen, die dringend auf Hilfe angewiesen sind? Dahinter steckt ein biologistisches Menschenbild. Als wäre ein Mensch nicht mehr als eine Ansammlung von Zellen mit DNA einer bestimmten Spezies. Als würde nicht zählen, dass ein Mensch sein Dasein bewusst erlebt, dass er Gefühle hat und den Willen, am Leben zu bleiben. All das fehlt völlig bei jungen Embryonen.

     

    Die Idee, man müsste ein solches bewusstlos dahinvegetierendes Häuflein menschlicher Zellen wie einen Menschen behandeln, ist leider nicht nur eine liebenswerte Kuriosität aus dem Arsenal von einigen Dogmatikern. Es ist ein Hindernis, den wirklichen Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen gegen quälendes Siechtum und gegen tödliche Krankheiten. Es ist ein Hindernis für die Humanität.

  • FG
    Friedhelm Güttler

    Ein wirklich tolles Urteil. Dem Ich nur zustimmen kann. Denn mit der Befruchtung der Eizelle beginnt für Mich das menschliche Leben. Einer kommerzialiesierung ist damit ein wichtiger Riegel vorgeschoben worden.

  • L
    Lisa

    ...und wieder einmal fängt die Menschenrechtsverteidigung am völlig falschen Ende an.

    Klar ist ein Embryo schützenswert, weil aus ihm einmal ein Mensch wird, aber doch auch nur wenn dieser Embryo sich in dem Bauch einer Frau befindet, die Mutter werden will und nicht wenn er, der in jenem Zustand nicht mehr als ein Zellhaufen ist, in irgendeinem Labor in Nährflüssigkeit schwimmt.

    Ander als sich um das Menschenrecht eines Zellhaufens ohne Eltern zu kümmern, sollte man sich viel mehr für die Menschenrechte der Kinder einsetzten, die auf diese Welt kommen und denen es am Grundlegenden fehlt. Kinder von Eltern, die sich nicht alles leisten können, was sie sich für ihre Kinder wünschen.

    Oder Kinder von Eltern, die niemlas Eltern werden wollten und diesen Umstand an ihnen auslassen.

    Oder Kinder von Eltern, die keinerlei Zeit haben für ihren Nachwuchs, weil sie sich zwar genug leisten können, dafür aber auch nie Zeit haben mit ihrem Kind zu spielen, weil sie 4 Minijobs haben um ihrem Kind den Fußballverein zahlen zu könne.

    "Zum Leben muss man geboren werden", dieser Spruch klingt zwar hart, hat aber im Grunde recht.