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Archiv-Artikel

Urdrüs wahre Kolumne Scheiden tut weh

Inzwischen weiß die Bremer Christenunion, dass ein bisschen auf Böse machen nicht ausreicht, um jene Hackfressen an der Urne einzusammeln, die ihr Heil am liebsten im Herrn Hitler, notfalls aber auch im Jankerl von DVU-Frey oder in der Pillendose des bizzaren Schillrichters Scharf suchen, der mir in Albträumen übrigens immer als als verkokster Zuchtmeister in hautenger Juchtenleder-Vollmontur mit der Neunschwänzigen erscheint.

Was mich aber trotz alledem freut, ist die Bestätigung des Herrn Siegfried Tittmann in seinem Amt: müsste dieser doch sonst vermutlich sein Auskommen mit ergänzender Sozialhilfe als Inhaber eines schmuddeligen Kiosk in Bremerhaven-Lehe suchen, mit angekrustetem Kartoffelsalat aus dem Plaste-Eimer und Frikadellen vom Schäbigsten, die einzig durch Magenbitter der Marke Bullenschluck verdaulich werden. „Siggi, alte Schweinebacke“ kumpelt ihn dann das Stammpublikum an, „hab auch schon mal besser gekotzt, aber mach uns malnochnpaar Schlüpferstürmer klar!“

In Physiognomie und Statur dieses Politikers liegt die rührende Tragik dessen, der unterm Hakenkreuz als unwertes Leben extrem bedroht gewesen wäre und dabei womöglich doch in schwarz-weiß-roten Träumen schwelgen würde, bis dass der Doktor Mengele ihn für Versuchsreihen im Dienste ausgerechnet seines eigenen Reiches doitscher Nation reklamiert und requiriert hätte. Die Tragik des Volksgenossen, der mit den Kriegern der Waffen-SS mithalten will und doch nicht kann: Hier liegt der Filmstoff für Spielberg und Woody Allen gemeinsam und schade, dass Ekel Alfred nicht mehr für diese Charakterrolle zur Verfügung steht.

In meiner Nachbarschaft wird mit derartiger Inbrunst gegrillt, dass mir die Schwaden dank regendurchfeuchteter Holzkohle nahezu den Atem rauben und die Sicht allemal. Noch bevor meine kleinkarierte Beschwerde landen kann, reicht er mir auch schon an einer langen Bohnenstange aufgespießt ein verkohltes Stück Schwein über die Grundstücksmauer und schon verliert sich mein Recht auf Protest. Ein demütigendes Gefühl, das mich erkennen lässt, wie unwohl sich manche Grünen und Roten mit letzten linken Eierschalen fühlen, wenn sie als Funktionsträger jene Reformen tragen müssen, die wir früher gemeinsam als feige Angriffe der Bourgeoisie auf die Klassen der Arbeiter und werktätigen Bauern sowie der fortschrittlichen Intelligenz begeifert hätten. Zu viel totes Fleisch von den falschen Leuten übern Zaun gereicht bekommen – das ist Magendrücken ohne Ende.

Scheiden tut weh – und der Abschied von Innensenator Kuno Böse sogar mir, nachdem er sich mit der Qualifizierung des ewigen Tango-Jünglings Claas Rohmeyer als „Bremens prominentestes Pisa-Opfer“ um das Niveau innerparteilicher Polemik verdient gemacht hat, die sich sonst nur zu einem genuschelten „Geschätzter Parteifreund“ hinreißen lässt. Und der Rückzug von Claus „mit C“ Jäger aus der Landespolitik macht mich in landsmännischer Verbundenheit betroffen, kommt der Liberalinski doch wie ich aus dem Schaumburger Land/wo man die Halben in zwei Zügen trinkt/und die Weser/mehr als einen Bogen macht. Junge, komm bald wieder, komm wieder nach Haus: Mit Meyers Bittern lässt sich das alles doch ertragen!

Hurra, der Space Park ist gerettet! Kommt jetzt Kino hin. Als Ankermieter wünsche ich mir dann noch den Pfeifenladen Bremen Ost – wo Tabak und Zigarre wenig kost. Die restlichen Räumlichkeiten werden von der Norddeutschen Sexmesse und Sonderposten-Zimmermann belegt und das Kultur-Ressort stellt ein paar Tischtennisplatten fürs Betriebsklima auf – so wuppen wir das bis zum nächsten Kanzlerbrief. Vermutet in Erinnerung an seinen Konfirmationsspruch geduldig in Hoffnung, fröhlich in Trübsal und anhaltend am Gebet

Ulrich „Gotthilf“ Reineking