Urdrüs wahre Kolumne : Glänzende Siege!
Zwei Männer um 50 drängen sich bei leichtem Nieselregen unter das Vordach eines Kiosks und nutzen die Plattform ihrer über die weitläufigen Shorts ragenden Bäuche, um darauf das Dosenbier zu deponieren. Dabei fällt ihr Blick auf eine benachbarte Plakatwand, auf der die Kandidaten mit mehr oder minder staatsmännischer Miene ihre Bereitschaft für alles mögliche bekunden. Was nunmehr mit den Worten kommentiert wird: „Kuckmakuck, von uns wollen die jetzt alle was – aber keiner, der mal einen ausgeben würde.“ Wieder so ein Beleg dafür, wie sehr Volk und Politik aneinander vorbeireden …
Dass Pop seit der Ersterscheinung der gebenedeiten Nena immer blöder wird, belegt dieser Satz aus dem Rezensionsschleim des Magazins „Intro“ über eine Produktion der „Sterne“ aus Hamburg: „Die Politik des Privaten, nicht als hermeneutischer Rückzug, sondern via Mehrfachcodierung als Ausgangspunkt für Aussagen auf der Makroebene.“ Und eigentlich geht es doch nur um Schlager!
Das Leid der magersüchtigen Kinder, es schreit zum Himmel. Umso skandalöser, wenn ausgerechnete der dürre Willi Lemke als zuständiger Senator für Tafel, Kreide, Schwamm und Schulkinderseelen sich im Weserreport als Schirmherr des swb-Marathons damit brüstet, durch das regelmäßige Vorbereitungslaufen schon zwei seiner wenigen Kilos verloren zu haben und bis zum Lauf im September noch weitere 4 bis 6 Pfund abschinden zu wollen. Kann man mit solch peinlichem Rumstrotzen in der Öffentlichkeit wirklich Vorbild sein für jene, die sich in der großen Pause regelmäßig auf dem Mädchenklo das Frühstück aus dem labelloverschmierten Mund quälen? Pfui Deibel das!
Ein älteres, aber noch recht gut erhaltenes TAZ-T-Shirt habe ich beim Weltjugendtag in Köln eintauschen können gegen ein Unterhemd mit dem Emblem des Osservatore Romano und einem Porträt des „Beeee-ne-det-toh!“-Vorgängers.
Als ich kurz darauf bei der Rückfahrt im Zug kurz vor Osnabrück feststellte, dass ich meine Fahrkarte verschusselt hatte, musste ich weder nachzahlen noch wurde ich mit irgendwelchen Vorwürfen des Kontrolleurs bedacht: der Zugbegleiter piekste nur auf mein Hemd, murmelte „Vatikan, na klar. Ihr seid ja nach dieser Woche noch völlig kaputt!“ und ließ mich ungehindert weiterfahren. In Gedanken habe ich dem Manne glatt ein Viertelpfund vom frisch erworbenen Pilger-Ablass abgetreten. Insgesamt eine wahre Geschichte, die von einschlägig Disponierten gern als Wunder in das Verfahren zur Heiligsprechung von Johannes Paul eingebracht werden darf! Ob der unselige Bahnchef Mehdorn daraus etwas lernen kann?
Leider gebricht es mir inzwischen am fröhlichen Urvertrauen des Bremer MLPD-Spitzenkandidaten Wolfgang Lange, dass die Zeit reif sei für die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands. Doch weil man nicht bei anderen die Luft rauslassen soll, nur weil man selbst einen Platten hat, wünsche ich dem Genossen auf diesem Wege glänzende Siege und erinnere mit Gevatter Oskar daran, dass jene Ideen die mächtigsten sind, deren Zeit gekommen ist. Und Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker, weiß sicher nicht nur
Ulrich „Subcomandante“ Reineking