■ Urdrüs wahre Kolumne: Angestellenjammer
Mit schäferhündischem Eifer bewahrt der sozialdemokratische Untersuchungs-Ausschießer Reinhard Barsuhn sein Herrchen Klaus vor allem Bösen – daß es nicht immer gelingt, ist dem treuen Faktotum kaum anzulasten. Gelegentlich aber reagiert auch dieser Gefolgsmann eigenwillig-eigensüchtig: Nachdem seine Blütenträume nicht reiften, über das DGB-Ticket zum Arbeitsdirektor bei der BSAG zu werden, zog Genosse Barsuhn erbittert die Konsequenz und trat ganz gegen den sozialdemokratischen Komment aus der ÖTV aus und der DAG bei.
Überhaupt scheint sich die DAG zum Knüppel aus dem Sack bei SPD-internen Spielchen zu entwickeln. Gewöhnlich gut informierte Stammtischler aus dem „Kaiser Friedrich“ munkeln längst nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, daß die kleine Angestelltengewerkschaft in ihrer Kampagne gegen die Angestelltenkammer von keinem Geringeren munitioniert wird als von Ex- DGB-Chef Heinzi Möller: Nachdem er selbst nicht mehr daran glaube, irgendwann doch noch Arbeitssenator zu werden, wolle der jetzige Arbeiterkammer-Boss die aufmüpfige Angestelltenkammer plattmachen, um dann in einer großen Arbeitnehmer-Gesamtkammer Herrscher werden. Kann man Heinzelmann nicht Verantwortlichen für Bleikeller-Mumien machen oder zum Chef der Handelsvertretung in Marokko?
Zynisch ist ja wohl die Propaganda-Anzeige von Verteidigungsminister Volker Rühe, die jetzt im Weserkurier „Betr. Bundeswehr“ erschien. Darin werden die 15O deutschen Sanitätssoldaten im Kamboscha-Einsatz als „Engel von Pnom Penh“ schon in der Überschrift gefeiert. Für die Jungs kein schönes Omen – !
Wer wenig Ehrungen erfährt, sollte sich selbst gelegentlich ein Lorbeer-Blättchen gönnen: Als das Hamburger Ohnsorg-Theater jetzt das Melodram „Rose Bernd“ von Hauptmann op platt herausbrachte, wies der sonst so kenntnisreiche Informationsdienst des Niederdeutschen Instituts zu Bremen darauf hin, daß es vor Jahren schon einmal eine solche Inszenierung nach der plattdeutschen Übersetzung von Rolf B.Wessels gegeben habe. Tatsächlich aber hatte der auch in der Bremer taz gelegentlich niederdeutsch schreibende Autor Berni Kelb den Hauptmann- Text in use ole Modderspraak gebracht. Ehre also, wem der Wachholder gebühre!
Jawoll, wir wissen es – nicht nur Doitsche können mies, fies, und boshaft sein – auch Ausländer sind mitunter rechte Übelkrähen. Zum Beispiel die anonymen Schreibtischtäter vom Türkischen Zentralverband in Bremen, die jetzt in einer „Medienerklärung“ einen Zusammenhang herstellen zwischen Rauschgifthandel und „Gewalttätern, die vermutlich Mitgliedsvereinen des Dachverbands der Ausländerkulturvereine nahestanden“. Das steht da einfach so, verbunden mit einem Dank an die Bremer Polizei für ihren „Kampf gegen illegale Aktivitäten sogenannter Ausländerkulturvereine“. Und jaulend hinkt der graue Wolf in seine Hundehütte...
In der Warteschlange am Postamt Domsheide schiebt sich ein leicht alkoholisierter Herr um die 5O an zwei Ausländerinnen mit Kopftuch vorbei und sagt: „Hier Deutschland, hier du warten.“ Kontert eine der Frauen: „Du besoffen, hier nix Toilette.“ Um sich dann ihrer Nachbarin zuzuwenden: „Mit solchen Pennern mußt du immer in Babysprache reden, sonst checken die nichts!“ So gefällt s ganz gut...
Ulrich Reineking-Drügemöller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen