■ Urdrüs wahre Kolumne: Dem Sumpfhuhn zuliebe
Schweine mit Flügeln auf großer Fahrt. Gerade erst ist der Deutsche Maklertag aus dem CieCieBie auf der Bremer Bürgerweide ausgezogen, da treffen sich auch schon die Vereinigten Haus- und Grundeigentümer des großen Deutschlands in Bremens Partnerstadt Rostock, um dort heute der Festrede des Eigenheimers Dr. Helmut Kohl zu lauschen. Auf die Frage, ob das generelle Mietpreisniveau in Deutschland zu hoch sei, antwortet im Zentralorgan „Haus & Grund“ (Ausgabe Bremen) am Vorabend dieses Ereignisses der Häusle-Präsident Dr. Friedrich-Adolf Jahn: „Wohl nicht, wenn man sieht, daß die Reisebranche mitten in der Rezession noch zweistellige Zuwachsraten erzielt.“ Mit noch mehr Miete für einen sanften Tourismus auf Balkon und Terrasse, schon verstanden...
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888 Power-Wahl-Menüs hat der globale Klopsbrater McDonald's im Superwahljahr '94 für die Gewinner eines Preisausschreibens ausgelobt, das vom Bonner Zeitbild-Verlag unter dem Motto „Alle Power steckt im Volk“ ausgerichtet wird. Parlamentspräsidentin Rita Süßmuth als Schirmfrau der Aktion ruft dem Jungvolk dazu in jeder Filiale des etwas anderen Restaurants aufmunternd zu: „Jugend, macht den Wählern Beine“ und lädt 30 Teilnehmer zur großen Wahl-Power-Party nach Bonn ein. Super, die Alte! Irre, jawoll! Und zum Schluß heißt es in diesem Wahl-Appell gar noch „Mitmachen statt raushalten!“ Echt, das bringt's...
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Stolpert man doch bei Einholung einer Reisezug-Auskunft im Bremer Hauptbahnhof über eine genierlich-vollgekotzte mänliche Gestalt, die per T-Shirt aller Welt mitteilt: „Deutsches Turnfest Hamburg. Ich war dabei.“ Hätten wir tatsächlich ohne diesen Hinweis kaum vermutet, so frisch-fromm-fröhlich-fertig.
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Schwarzer Krauser verlangte der umtriebige Breminale-Besucher von der Dame mit dem Zigarettenkasten, doch die mußte passen: „Gibt nur Zigaretten von den Sponsoren, Stuyvesandt und Roth-Händle.“ Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersrauchenden, merken Sie sich das!
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Kaum ein Tag, an dem sich in der anderen Bremer Heimatzeitung nicht ein sogenannter Wassersportler zum unvernünftigen Worte meldet, um freie Fahrt auf der Wümme und die Wiederherstellung der Schleuse zu fordern. Ich habe sie gesehen, diese Wassersportler, gesehen und gehört beim Pfingstspaziergang zwischen Kuhsiel und Dammsiel: Stumpfe Arschgesichter mit Netzhemd und Schiffermütze, die Bugwellen klatschen krachend ans Ufer und der Bierschiß wird eimerweise ins Biotop gekippt, während das Erbrochene direkt ab Quelle in den Fluten landet. Die Motoren lärmen wie beim Grasbahnrennen, doch leider besteht kaum eine Chance, daß diese Wassersportler ihr hochverdientes in den Strohballen finden. Wenn der Senat doch gegen dieses Gesindel bitteschön mal ganz knallhart bleiben würde: Dem Sumpfhuhn und der Seerose zuliebe...dankeschön!
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Auf nämlichem Pfingstausflug im Biergarten „bei Janosch“. Am Nebentisch ein öffentlich Bediensteter aus der Sozialbehörde, der sich gegenüber seiner schönen Nachbarin so vernehmen läßt: „Siehste, dieser Dürre da hinten, mit den beiden Frauen? Bei uns jeden Monat auffer Dienststelle Sozialhilfe abkassieren und hier bestellt er sich schon das dritte Alsterwasser. Dem werd ich mal auffen Zahn fühlen.“ Und denke diese Schweinebacke mit mutmaßlicher ÖTV-Mitgliedschaft doch bitte mal darüber nach, daß ohne die armen Leute die ganze Kollegenschaft arbeitslos wäre: Wohl eher ein Grund, dem Kunden außer Dienst mal einen auszugeben, statt den Datenschutz ins Bier zu kippen. Ulrich Reineking-Drügemöller
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