piwik no script img

■ Urdrüs wahre KolumneGen-Wahnsinn in Brüssel!

Den Buß- und Bettag wollen sie jetzt also abschaffen, die kleinen Strolche – und das sieht ihnen einmal mehr ähnlich, ähnlicher geht's gar nicht. Wir aber wissen noch, daß das Lutherwort „Buße“ seine Entsprechung im griechischen Meta Noia findet und dies wiederum heißt, „seinen Sinn ändern“. Dies aber wollnse natürlich nich... Ein Problem, das mit der Liquidation dieses Feiertags verbunden ist, sollte zumindest in der norddeutschen Gastronomie zu Nachdenklichkeit führen, galt das Datum doch bislang als offizieller Start in die Kohl- und Pinkelsaison, die nunmehr vermutlich durch die gutkatholische Weißwurstzeit abgelöst wird.

Den Dieter grüßt man heut im Blatt/ Weil er ja Geburtstag hat!/ Ein jeder schätzt, ein jeder kennt/ Doktor Klink, den Präsident. For he's a jolly good fellow...

Nun hat sich der Lebensweg des 15 m langen Pottwals „Moby“ vor Baltrum vollendet und jetzt soll er tatsächlich in Wilhelmshaven als Gerippe für die naturkundliche Sammlung des Nationalparks seine letzte Heimstatt finden. Kann das Erfüllung sein, auf alle überschaubare Ewigkeit ausgerechnet in Wilhelmshaven darniederzuliegen für einen, der die Weltmeere durchzogen und norwegischen Fischmetzgern ebenso entronnen ist wie japanischen HighTec-Harpunieren? Dieser Tragik fehlt nun wirklich jede Komik – wo bleibt eigentlich Greenpeace?!

Noch nie habe ich den sozialdemokratischen Frührentner Manfred Mayer-Schwinkendorf live und leibhaftig erleben dürfen bzw. müssen. So will ich denn auch keine Spekulationen über seine Eignung für den Job als Bremens neue Frau in Brüssel wagen. Eines aber sticht beim ersten Blick auf das Foto dieses Wedemeier-Kumpels in den Medien spontan ins Auge: Physiognomie samt Haar- und Barttracht haben exakt das Schnittmuster, nachdem Funktionäre des Neue Heimat-, Konsum-, Volksfürsorge-, Lotto- und Gewerkschaftsmilieu hierzulande seit Jahren in Serie hergestellt werden, ohne daß je ein einziger Prototyp echte Serienreife erlangt hätte. Welcher Genforscher kann das weitere unüberlegte Klonen dieses Materials abwenden? Oder wenigstens durchsetzen, daß die Kerls zur besseren Unterscheidbarkeit Nasenringe in unterschiedlichen Farben tragen... Ist sonst doch alles eine Wichse!

Der Kleingartenverein „Gute Gemeinschaft“ annonciert im Gröpelinger Wochenblatt höflichst die neuen Öffnungszeiten der Vereinsgaststätte „mit dem Erfolgsteam vom Landheim Walle“ und mahnt in der Anzeige erstaunlicherweise „Liebe Deinen Nächsten aber steck Dich nicht an“. Was ist denn da los in der Feldmark!!!

In Rosas Café am Waller Friedhof unterhalten sich zwei ältere Damen über Probleme mit dem Unkraut auf den Gräbern ihrer Ehemänner und die eine jammert über das dem Verstorbenen gemachte Versprechen, keine Chemikalien auszubringen. Liefert die andere prompt das hilfreiche Argument „Aber du baust doch da keine Petersilie an und nur bei Blumen schadet das nix – lass dir da nich reinreden.“ Der Tote aber, er schweigt dazu. Natürlich.

Wer dieser Tage in den Kaufhäusern auch durch die Parfümerieabteilung muß, bekommt vielleicht auch so ein Duftpröbchen in die Hand gedrückt für das Parfum Maroussia des russischen Modeschöpfers Slava Zaitsev. Und auf dem Infozettel lesen wir dazu: „Ein Parfum wie die russische Seele, aufregend, ergreifend, leidenschaftlich. Ein Duft wie die Flamme der Freiheit, ein magischer Akkord aus Blütendüften und Moschus, abgestimmt mit einem warmen Hauch von Amber und Sandelholz.“ Der Gulag aber roch nach Kernseife – da wird der Nasenbär zum Geschichtsphilosophen. Ganz ganz frei aber macht erst Gabriela Sabatini!

Ulrich Reineking-Drügemöller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen