piwik no script img

■ Urdrüs wahre KolumneUfos SPD-gesteuert?

Bislang habe ich mir das Gesabbel der Computerfreaks über die gigantischen Möglichkeiten dieser allseitig verdrahteten Plastekästen mit jeder Nachsicht angehört, die sich auch gegenüber dem juvenilen Love & Piss-Gestammel der Rave-Lümmel empfiehlt. Doch angesichts der finsteren Visionen, die von der CEBIT aus dem expo-taumeligen Hannover ins Land ziehen, gilt es jetzt, all diesen Ramsch in Hard- und Software durch wirkungsvoll plazierte Marmeladebrötchen, menschenfreundliche Kurzschlüsse und klebrige Fruchtsäfte zum ultimativen Absturz zu bringen. Findet sich doch da unter den hannöverschen Messe-Sonderposten auch ein vermutlich als total witzig gedachter Kindercomputer mit sogenannter „Edjutäinment-Softwär“. Demnächst auch Onkel Doktor-Spielchen auf der multimedialen CD-ROM „Wunder des Lebens“ als Vorbereitung auf die virtuelle Realität , in der selbst der schlichte Wichser nur noch per Datenhandschuh via Bildschirm zur Sache an und für sich geht!

t

Am Zeitungskiosk im Bremer Hauptbahnhof läßt sich ein lächerliches Mütterlein um die 70 im Trachtenkostüm wie frisch vom Obersalzberg das gesamte geistige Arsenal des Herrenmenschentums von der deutschen Wochenzeitung über die Junge Freiheit bis hin zur Welt am Sonntag und Nationalzeitung über den Tresen reichen. Abschließend darf es noch das Immobilienmagazin und die Pferdezeitschrift St.Georg sein, die von der braunfleckigen Greisinnenhand schnell um den ganzen Schweinkram drumrumgerollt wird.

So heftig der Impuls dann auch war, diese mutmaßliche BDM-Veteranin durch geschickt gewählte Verbalinjurien an den Rand des Nervenzusammenbruchs oder besser noch darüberhinaus zu treiben, hat man es mit dieser Dame noch bis zum Bahnhof der Reiterstadt Verden in einem Zugabteil wortlos ausgehalten, wo sie vermutlich eine Deckstation mit den Trakehnerhengsten Haldur und Wotan betreibt. Dort verabschiedete sie sich mit den Worten: „Wenn die Deutschen wirklich alles über UFOS wüßten, was der jüdische Geheimdienst weiß, dann wäre die SPD in Bremen am Ende!“ Mußte uns dies erst aus solchem Schandmaul offenbart werden?

t

Der SV Werder hat einen neuen Trainer gefunden und sucht immer noch per Zeitungsinserat und nicht einmal in diesem Blatt Hundeführer mit Schäferhund oder Rottweiler „für die Heimspiele“. Dabei soll doch der neue Coach sowieso ein ganz scharfer Hund sein...

t

Mit dem Foto eines sektschlürfenden und kichernden Traumpaars Mitte Zwanzig werben die Veranstalter des morgen im Maritim Congress Centrum Bremen stattfindenden Ball Jeunesse für diesen Gala-Abend mit Boney M. zugunsten leukämiekranker Kinder (bzw. umgekehrt – Anm.d.Red.). Und hätte ich ein solches – nie würde ich es dulden, daß solche jungen Schmocks mit Servolenkung im Herz und Smartgesicht wie frisch aus der Warenterminbörse auch nur einen Pfennig für die Mayo-Klinik dazugeben, denn dieses Geld, es stänke hochgradig nach Verwesung und lachender Gleichgültigkeit. Hoffentlich gewinnen alle Gäste dieser Veranstaltung den Tombola-Hauptgewinn („Flugreise nach New York für zwei, Hotel inklusive“). Vergraben sich dann auf Lebenszeit als Maden im Big Apple und wir können unsere Vorurteile aus der Distanz weiter pflegen...

Ulrich Reineking-Drügemöller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen