■ Urdrüs wahre Kolumne: Jetzt auch mit Vollwertnarkose
Die Betriebssportgruppe von Hapag Lloyd bezichtigt einen verstorbenen Kameraden im Nachruf per Weserkurier: „Unser Hawi fuhr mit seinem Fahrrad und Tischtennisschläger gen Himmel.“ Geht der Kampf um Satz und Sieg dort weiter?
Pünktlich zur Eröffnung der Internationalen Automobilaustellung in Krankfurt rast am Ortsausgang der niedersächsischen Kleinstadt Rinteln ein besoffener Jüngling mit überhöhter Geschwindigkeit auf den Spuren von Schummi Schumacher und seinem Dämon Hill in eine Kurve, setzt seinen Golf GTI in den Straßengraben und dem Leben seines 15-jährigen Kumpels Mike damit ein Ende. WARUM? beklagweibern Angehörige und Freunde (die sich übrigens per Traueranzeige als Froinde zu erkennen geben). In diversen Zeitungsanzeigen, bekennen gar in stolzer Trauer „nur die besten sterben jung“ und die dazugehörige Heldenmutter kündigt ihrem Maik bereits ein Wiedersehen „in Walhalla“ an. Und immer wieder diese eine Frage. WARUM? Dabei ist die Antwort so einfach: Weil die Banane krumm und die IAA so populär ist! Und die Physik in ihrem Lauf/ hält auch der Hohlkörper nicht auf.
Welche geheimnisvolle Obsession mag jenen Gutmenschen treiben, der in einer lippischen Tageszeitung unter Chiffre propagiert: „Verleihe Rüttelplatte kostenlos. Weise umsonst in den Gebrauch ein. Helfe gern ohne Geld!“ Ein Durchgeknallter? Eine Sekte? Der wiedergeborene Christus? Am Ende gar abgehalfterte Ocean-Park-Demokraten aus Bremerhaven auf der Suche nach Sinn im sonst so schal gewordenen Bier des Lebens? Dies heißt uns hoffen!
Im Rahmen der Aktion „Europa gegen Krebs“ ließ sich GesundheitssenatorinTine Wischer im Kindergarten Warturmer Platz vor der Kamera von BILD Bremen von der fünfjährigen Charmaine „mit gesundem Vollwert-Quark“ abfüttern und schaut dabei so tapfer mühsam drein, als ob der Zahnarzt soeben eine Wurzelbehandlung ohne Narkose vornimmt. Verstehen können wir das ja gut angesichts solch grunzvernünftiger Kost – aber muß man davon auch noch Fotos machen? Ein Beispiel für PR-Arbeit, die nach hinten losgeht ...
Wie der gestrigen TAZ zu entnehmen, wurde Walter Kempowski als das Schulmeisterlein Wuzz zu Nartum jetzt von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft mit dem Uwe Johnson-Preis ausgezeichnet. Diese Beleidigung hätten selbst wir dem Lammwoll-Puschenträger und Meister des Groben Unfugs nicht zugefügt, aber für 20.000 Mark Schmerzensgeld steckt der Poet in der Umpelkammer der Zeitgeschichte schon mal ein „Arschloch“ oder ein „Hundsfott“ weg ...
Am Aufgang zum Intercity-Gleis auf dem Hauptbahnhof Bremen schleppt eine junge Mutter ihren Kinderwagen samt heftig plärrendem Inhalt mühsam die Stufen hoch. Selbstredend bietet der Chronist der laufenen Gemeinheiten seine Hilfe an, wird aber mit hefig ausgespuckten Worten davongewiesen: „Ihr Typen denkt immer, daß wir Frauen ohne euch nichts schaffen!“ Welches gentechnologisches Labor mag hier das Samenröhrchen geliefert haben? Ulrich Reineking-Bindestrich
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