Unverbremt : Von wegen Genussmenschen
„In Italien ist das Leben viel schöner als in Deutschland. Und die Menschen sind ja so entspannt.“ Derlei Folklore hört man regelmäßig. Von Deutschen, die im Urlaub ein Auge zudrücken, wenn andere etwas entspannter als sie selbst mit Müll und Kriminalität umgehen. Warum auch nicht, man darf doch träumen, von güldenen Ländern, in denen die Zitronen blühen.
Etwas ganz anderes ist, wenn man sich so etwas von Italienern selbst anhören muss. „Nur noch bis Oktober, dann machen wir zu, und es geht endlich nach Hause und mich seht ihr hier nicht wieder, nie wieder!“, sagt der Mann mit aller gebotenen Leidenschaft. Schließlich ist er Eisverkäufer und weiß, was die Schwachhauser Bürger von ihm erwarten. Also gibt er den Heißblütigen, der im Einsatz für die Sache gerne mal übers Ziel hinaus schießt. Die Begründung dafür, dass er nach 14 Jahren Bremen die Schnauze voll hat, klingt allerdings etwas konfus – was nicht an seinen Sprachkenntnissen liegt.
Was ihn nämlich so richtig an den Deutschen nervt: Dass sie immerzu sein Eis essen wollen. „Morgens, mittags, abends – das würde kein Italiener machen!“ ruft er ehrlich empört und seine beiden Kollegen stimmen ihm zu. Unmöglich, diese Deutschen, wollen immerzu genießen. Sie sehen gar nicht entspannt dabei aus, sondern so wie Deutsche, wenn Nachbars Hecke einen Zentimeter zu hoch steht.
Eiken Bruhn